BGB § 313 Abs. 1; BGB a.F. § 195 § 197 Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 538 Abs. 2 § 563 Abs. 2
Leitsatz
1. Das erstinstanzliche Gericht ist grundsätzlich bei einer Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO an die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsauffassung ebenso gebunden wie das Berufungsgericht, wenn es durch eine erneute Berufungseinlegung wieder mit der Sache befasst ist.
2. Diese Bindungswirkung entfällt, wenn sich die Rechtsprechung des Berufungsgerichts selbst oder die höchstrichterliche Rechtsprechung nach Erlass des Zurückverweisungsurteils entscheidungserheblich geändert hat.
3. Ausgleichsansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, die sich auf unentgeltliche Arbeitsleistungen z.B. an der Immobilie des Schwiegerkindes stützen und in der Zeit vom 1.1.2002 bis 1.1.2010 entstanden sind, sind keine familienrechtlichen Ansprüche i.S.d. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. und unterliegen daher der Regelverjährung gemäß § 195 BGB.
4. Der Anspruch der Schwiegereltern auf Ausgleichszahlung für erbrachte Arbeitsleistungen an der Immobilie des Schwiegerkindes entsteht, wenn die Ehe zwischen Kind und Schwiegerkind als Geschäftsgrundlage i.S.d. § 313 Abs. 1 BGB gescheitert ist.
5. Die dreijährige Verjährungsfrist für den Ausgleichsanspruch nach § 313 Abs. 1 BGB beginnt am Schluss des Jahres zu laufen, in dem sich das Kind und das Schwiegerkind endgültig getrennt haben und die Schwiegereltern von diesem Scheitern der Ehe Kenntnis haben oder ohne grobe Fahrlässigkeit haben müssten (§ 199 Abs. 1 BGB).
OLG Bremen, Hinweisbeschl. v. 12.7.2017 – 4 U 1/17 (LG Bremen)
1 Aus den Gründen:
[1] I. Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils vom 19.12.2016 verwiesen. …
[7] II. 1. Die statthafte (§ 511 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig, aber nach der derzeitigen Rechtsauffassung des Senats nicht begründet. Das Landgericht Bremen hat zu Recht mit dem angefochtenen Urteil die Klage auf Zahlung von 23.168,98 EUR wegen des Durchgreifens der Verjährungseinrede abgewiesen. Die im angefochtenen Urteil gegebene Begründung ist auch nach Reduzierung der Klageforderung auf 5.100 EUR nach wie vor zutreffend.
[8] Der Kläger hat seine Klageforderung in Höhe von 18.068,98 EUR in der Berufungsinstanz zurückgenommen, indem er mit seiner Berufung das landgerichtliche Urt. v. 19.12.2016 nur insoweit angefochten hat, als sein Zahlungsbegehren in Höhe von 5.100 EUR abgewiesen worden ist. Dieser nun noch geforderte Betrag setzt sich aus 255 Arbeitsstunden multipliziert mit einem Stundenlohn von 20 EUR zusammen. In diesem Stundenumfang hat der Beklagte vom Kläger erbrachte Arbeitsleistungen an seinem Haus in der X-Straße … in … zugestanden. Der Beklagte hat in seiner Berufungserwiderung in die teilweise Klagerücknahme nach § 269 Abs. 1 ZPO konkludent eingewilligt (vgl. hierzu Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 269 Rn 13, 15), indem er beantragt hat, dem Kläger wegen der teilweisen Klagerücknahme die Kosten aufzuerlegen.
[9] 2. a) Die erstinstanzliche Entscheidung geht mit dem Kläger davon aus, dass diesem gegen den Beklagten ein Ausgleichsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB zusteht. Der Kläger hat behauptet, er habe nach der Eheschließung seiner Tochter A mit dem Beklagten im Jahre 1999 unentgeltlich Arbeitsleistungen an dem im Alleineigentum des Beklagten stehenden Haus in der X-Straße … in … erbracht. Hierdurch sei ein sog. Kooperationsvertrag zwischen ihm und dem Beklagen konkludent zustande gekommen, dessen Geschäftsgrundlage der Fortbestand der Ehe zwischen dem Beklagten und der Tochter des Klägers gewesen sei. Erst im Jahre 2006 habe er, der Kläger, erfahren, dass die Ehe gescheitert und somit die Geschäftsgrundlage des Kooperationsvertrages weggefallen sei. Er habe daher Mitte 2007 Zahlungsansprüche wegen seiner Arbeitsleistungen gegen den Beklagten geltend gemacht. Der Beklagte hat gegen diese später klageweise geltend gemachten Ansprüche u.a. die Einrede der Verjährung erhoben. Deren Durchgreifen hat das Berufungsgericht in seinem ersten Berufungsurteil vom 7.7.2011, mit dem die klageabweisende landgerichtliche Entscheidung sowie das dieser zugrunde liegende Verfahren aufgehoben worden ist, abgelehnt.
[10] b) Soweit der Kläger zur Begründung seiner Berufung anführt, das Landgericht sei an diese Rechtsauffassung des Berufungsgerichts gebunden und müsse daher mit diesem von der Anwendbarkeit des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. auf die streitgegenständliche Forderung ausgehen, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden.
[11] aa) Im Grundsatz gilt, dass das erstinstanzliche Gericht bei einer Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO an die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsauffassung gemäß § 563 Abs. 2 ZPO analog gebunden ist. Dies gilt ebenso für das Berufungsgericht: Das Berufungsgericht ist, wenn es eine erstinstanzliche Entscheidung nach § 538 Abs. 2 ZPO aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat, an seine frühere Vorentscheidungen gebunden, wenn es durch eine erneute Berufung wiederum mit der Sache befasst wir...