Humor ist eine ernste Sache oder Wenn Anwälte/Anwältinnen rote Nasen tragen
Auch wenn es die Überschrift "Wenn Anwälte/Anwältinnen rote Nasen tragen" vielleicht vermuten lässt, ist dies kein Ausblick auf die bevorstehende kalte Jahreszeit und das Arbeiten in – aufgrund der Energiekrise – unterkühlten Kanzleiräumen, sondern vielmehr ein Rückblick auf die 25. Studienreise nach Griechenland.
Sonne und Strand waren an dem hübschen Tagungsort Possidi auf der Halbinsel Kassandra/Halkidiki reichlich vorhanden, aber nicht diese, sondern das begeisternde Seminarprogramm setzte den Teilnehmern rote Nasen auf (Erläuterung folgt unten).
Auf die 25. Studienreise musste lang und bang gewartet werden, denn eine andere, allseits bekannte Krise machte der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht zunächst zwei Jahre lang einen Strich durch die Rechnung, so dass die 25. Studienreise erst im 27. Jahr stattfinden konnte. Die Jubiläumsreise führte in der Zeit vom 1.6.2022 bis zum 8.6.2022 in das schöne Tagungshotel Hotel Possidi Holidays Resorts & Suites, Kassandra Halkidiki. Die deutschsprachige Hotelleitung und die Mitarbeiter nahmen die Teilnehmer/Teilnehmerinnen mit großer griechischer Herzlichkeit auf und gestalteten den Aufenthalt überaus angenehm.
Ein ebenso überwältigender Empfang wurde den Studienteilnehmern von den griechischen Kollegen in Thessaloniki zuteil. Ein interessanter Programmteil war ein Besuch der örtlichen Gerichte, verbunden mit dem Austausch mit den griechischen Kollegen. Die griechischen Kollegen in Thessaloniki nahmen sich sehr viel Zeit, die Studienteilnehmer durch die verschiedenen Gerichtsgebäude zu führen und Einblicke in die einzelnen Verhandlungen zu geben. Für deutsche Besucher ungewohnt war, dass dem Grundsatz der Öffentlichkeit strikter Rechnung getragen wird als bei deutschen Gerichten: Die Verhandlungen finden (mit einigen Ausnahmen) bei geöffneten Türen statt und können ohne weiteres mitverfolgt werden. In anderer Hinsicht schauten die griechischen Kollegen ein wenig neidvoll nach Deutschland. Sie beklagten, dass die Richter auch in Familiensachen alle mündlichen Verhandlungen ihres Prozesstages auf 9.00 Uhr morgens terminieren. Die mündlichen Verhandlungen finden dann nach dem "Windhundprinzip" statt, was zu langen Wartezeiten bei Gericht führt. Ein wichtiges Anliegen der griechischen Kollegen war eine verstärkte Zusammenarbeit mit deutschen Rechtsanwälten/Rechtsanwältinnen. Die Ansprechpartner können gern über die Arbeitsgemeinschaft erfragt werden.
Von gewohnt hoher Qualität war das Seminarprogramm. Bei den Referenten des juristischen Fachprogramms (in der Reihenfolge der Vorträge) Argiris Balomatis, Ingeborg Rakete-Dombek, Wolfgang Schwackenberg und Rolf Schlünder versteht sich dies von selbst. Behandelt wurden die praxisrelevanten Themen Europäisches Familienrecht, Auskunftsansprüche, Vermögensausgleich außerhalb des Güterrechts und Versorgungsausgleich.
Die Studienreise nach Griechenland zeichnet sich aus, dass nicht "nur" Fachthemen behandelt werden, sondern auch ein Blick über den manchmal engen Kanzleialltag hinaus erfolgt. Hier ist Raum für die Behandlung von Fragen, die hinter der täglichen Rechtsanwendung stehen, und für die vielleicht verloren gegangene Erkenntnis, dass Recht mehr ist als das Zitieren der letzten Entscheidung des BGH. Letzteres beherrschen mittlerweile auch Maschinen.
In diesem Jahr wurde es ernst, denn Humor ist eine ernste Sache! So ernst, dass er den vollen Einsatz der geistigen und körperlichen Kräfte des Anwaltes/der Anwältin erfordert. Die Referenten Udo Berenbrinker und Alexander Goebels überraschten mit einem Seminar, das überwiegend im Stehen, Laufen und Hüpfen stattfand und gerade dadurch viel Spaß machte.
Elemente der Clowns- und Schauspielausbildung für Anwälte? Eindeutig ja, denn diese fördern die geistige Beweglichkeit; helfen, Mitarbeiter zu führen; zeigen, wie schwierige Situationen auf humorvolle und das Gegenüber nicht verletzende Weise gelöst werden können; helfen, zunächst auf Umwegen zu einem Ergebnis zu gelangen, zeigen, wie Überraschungsmomente effektvoll eingesetzt werden können, und vieles mehr.
Voraussetzung ist, sich selbst nicht so ernst zu nehmen, dann klappt es auch mit dem Humor. Aus diesem Grunde setzten sich die Teilnehmer/Teilnehmerinnen auch einmal selbst die rote Clownsnase auf.
So wichtig die fachliche Fortbildung ist, so ist der persönliche Austausch zumindest ebenso wichtig. Auch hierzu bietet sich die Studienreise nach Griechenland an. Es ist erfrischend, zu erfahren, dass andere Kollegen/Kolleginnen dieselben Schwierigkeiten haben und auf welche Weise sie damit umgehen. Gelegenheit hierzu bieten u.a. die verschiedenen Abendveranstaltungen. Hierbei stand der diesjährige "Griechische Abend" unter dem Eindruck der Jubiläumsfahrt. Es konnte auf die zurückliegenden Studienreisen zurückgeblickt und an die wichtigsten Momente erinnert werden.
Großer Dank gebührt den Organisatoren, die die Studienreise Griechenland zu dem gemacht hat, was sie ist...