BGB § 1598a § 1600d § 1686a § 1755; FamFG § 167a § 169 § 178
Leitsatz
a) Der – mutmaßliche – leibliche Vater hat nach Adoption des Kindes grundsätzlich keinen Anspruch auf gerichtliche Feststellung der (rechtlichen) Vaterschaft nach § 1600d BGB.
b) Eine isolierte Feststellung der leiblichen Vaterschaft ist nach bestehender Gesetzeslage – außerhalb der Abstammungsklärung gemäß § 1598a BGB – nicht eröffnet.
c) In einem dennoch geführten gerichtlichen Abstammungsverfahren ist das Kind mangels gesetzlicher Eingriffsgrundlage nicht zur Mitwirkung an einer Abstammungsuntersuchung verpflichtet. Eine von den (Adoptiv-)Eltern für das minderjährige Kind insoweit erklärte Weigerung ist rechtmäßig.
d) Der leibliche Vater kann nach der Adoption (nur) seine Rechte aus § 1686a BGB geltend machen und in diesem Verfahren eine Feststellung der leiblichen Vaterschaft nach § 167a FamFG erwirken (Fortführung der Senatsbeschl. BGHZ 230, 174 = FamRZ 2021, 1375 und v. 6.12.2023 – XII ZB 485/21, FamRZ 2024, 365).
BGH, Beschl. v. 15.5.2024 – XII ZB 358/22 (OLG Celle, AG Stadthagen)
1 Aus den Gründen
Gründe: A. [1] Der Antragsteller (Beteiligter zu 1) begehrt die Feststellung seiner "biologischen" Vaterschaft zu dem im April 2015 geborenen betroffenen Kind.
[2] Die Beteiligte zu 2 ist die leibliche Mutter des Kindes. Nach der Geburt des Kindes willigte sie im Juni 2015 in die Adoption durch die Beteiligten zu 4 (Eltern) ein. Mit Beschluss aus dem Juni 2016 wurde die Adoption ausgesprochen. Die Einwilligung des leiblichen Vaters wurde dabei für entbehrlich gehalten, weil er und sein Aufenthalt dauernd unbekannt seien (§ 1747 Abs. 4 S. 1 BGB).
[3] Der Antragsteller hat zunächst beantragt, die "notarielle Adoptionsurkunde vom […] Juni 2015 […] für unwirksam zu erklären" und festzustellen, dass er der biologische Vater des betroffenen Kindes sei. Von dessen Geburt habe er erst Ende 2018 erfahren.
[4] Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, mit welcher er den Antrag auf Feststellung seiner leiblichen Vaterschaft weiterverfolgt. Das Beschwerdegericht hat die Einholung eines Abstammungsgutachtens beschlossen. Die im Beschwerdeverfahren erstmals beteiligten Eltern haben ihre Zustimmung zur Mitwirkung des Kindes an der Untersuchung verweigert. Das Beschwerdegericht hat durch Zwischenbeschluss festgestellt, dass die für das Kind erklärte Weigerung der Eltern nicht rechtmäßig sei.
[5] Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragen.
B. [6] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
I. [7] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 178 Abs. 2 S. 1 FamFG i.V.m. §§ 387 Abs. 3, 574 ZPO aufgrund Zulassung statthaft (vgl. Senatsbeschl. v. 31.5.2023 – XII ZB 124/22, FamRZ 2023, 1380 Rn 4 m.w.N.) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Eltern ist gegeben, weil sie durch die vom Beschwerdegericht getroffene Feststellung in der Ausübung ihres Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG betroffen sind (vgl. BVerfG FamRZ 2013, 1195 Rn 18, 35).
II. [8] Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
[9] 1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2022, 1792 veröffentlicht ist, hält die Duldungspflicht des Kindes aufgrund § 178 Abs. 1 FamFG für gegeben. Die Beweisaufnahme sei erforderlich, um über den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zu entscheiden. Dem Kind sei die Mitwirkung an der Untersuchung zumutbar. Der Feststellung der Vaterschaft stehe nicht entgegen, dass für das Kind nach der erfolgten Adoption eine rechtliche Elternschaft bestehe. Den unterschiedlichen Bezugspunkten der rechtlichen Elternschaft durch Abstammung oder Adoption entspreche der Wortlaut von § 1600d Abs. 1 BGB, denn der Vaterschaftsfeststellung stehe – im Gegensatz zur Vaterschaft durch Ehe oder Anerkennung – eine zuvor erfolgte Adoption nicht entgegen.
[10] Mit der Argumentation, eine rechtsfolgenlose Abstammungsfeststellung sei im isolierten Verfahren nicht vorgesehen, würde indes nicht nur dem potentiellen leiblichen Vater, sondern auch dem Kind selbst die Einleitung eines Vaterschaftsfeststellungsverfahrens verwehrt. Über eine Abstammungsklärung nach § 1598a BGB könne Abhilfe ebenso wenig geschaffen werden, da nur die rechtlichen Eltern und das Kind antragsberechtigt seien. Darüber hinaus könnten sich Rechtswirkungen im Verhältnis zum leiblichen, nicht rechtlichen Elternteil auch für die Zeit nach der Adoption ergeben. Schließlich sei im Rahmen eines Umgangs- und Auskunftsrechts des leiblichen Vaters die statusunabhängige Ermittlung bzw. Klärung der Abstammung dem geltenden Recht nicht fremd.
[11] Das rechtlich beachtenswerte Interesse des Antragstellers an der Feststellung der Vaterschaft bestehe auch dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass das Adoptionsverhältnis aufgehoben werden könnte. Die Feststellung der Vaterschaft nach erfolgter rechtlicher Adoption sei jedenfalls auch unter dem Aspekt der Gewährleistung des Rechts auf Kenntnis d...