Das OLG München hat dem Verfahrensbeistand bei nur untergeordneter Tätigkeit (sic: der Verfahrensbeistand hat am 28.9.2022 gegen 10.30 Uhr sowie zwei weitere Male versucht, das Jugendamt anzurufen, um dort die Kontaktdaten der Eltern zu erhalten) keine Vergütung zugebilligt, weil es sich hierbei lediglich um untergeordnete Tätigkeiten gehandelt hat. Ein Vergleich mit § 19 RVG, der in diesem Rahmen lediglich als Wertung heranziehbar sei, zeige, dass bestimmte Vorbereitungs-, Neben- oder Abwicklungstätigkeiten nicht gesondert vergütungsfähig seien. Im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei es auch den Eltern der Kinder, die für die Kosten des Verfahrensbeistandes aufkommen müssen, nicht zu vermitteln, wenn sie für eine Tätigkeit von ca. 1 Minute einen Beitrag von 1100EUR zu bezahlen hätten.
Diese Entscheidung ist auf Ablehnung gestoßen.
Nach der Rechtsprechung des BGH entsteht der Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes in dem Moment, in dem er mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 158b FamFG begonnen hat. Für das Entstehen der Pauschale ist es unerheblich, welcher konkrete Aufwand im Einzelfall erforderlich war. Das folgt aus "der Pauschalregelung, die immer unabhängig von erbrachtem Arbeitsaufwand bezahlt wird, um auf diese Weise das Abrechnungsverfahren zu vereinfachen." Dem liegt die vom Gesetzgeber in den Blick genommene Mischkalkulation zugrunde, wonach der Verfahrensbeistand in unkomplizierten Angelegenheiten genauso viel verdient wie in langwierigen und schwierigen Kindschaftssachen. Daher gibt es keine Äquivalenz der Leistungen in den einzelnen Fällen. Die Vergütung ist daher auch dann zu zahlen, wenn kein erheblicher Arbeitsaufwand vorliegt. Mit Rücksicht hierauf ist der Hinweis des OLG München auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfehlt, wonach den Eltern der Kinder, die für die Kosten des Verfahrensbeistandes aufzukommen haben, nicht zu vermitteln ist, wenn sie für eine Tätigkeit von ca. 1 Minute 1100EUR zu zahlen hätten.
Auch der Hinweis, dass bei völlig untergeordneten Tätigkeiten des Verfahrensbeistandes keine Vergütung zu zahlen sei, hilft nicht weiter. Denn hierbei handelt es sich gerade nicht um ein eindeutiges Abgrenzungsmerkmal. Während das OLG München die erfolglosen Anrufe beim Jugendamt lediglich als eine Vorstufe zur eigentlichen Tätigkeit des Verfahrensbeistandes angesehen hat, vertreten andere genau das Gegenteil. Nach Ansicht von Jacoby (a.a.O.) reicht für die Entstehung des Vergütungsanspruchs des Verfahrensbeistandes der vergebliche Versuch der Kontaktaufnahme mit ins Ausland gezogenen Betroffenen bereits aus. Es ist nicht erforderlich, dass auch ein Kontakt mit dem Kind bereits stattgefunden hat. Auch Lack hält ein versuchtes Telefonat mit einem Elternteil für die Entstehung des Vergütungsanspruchs für ausreichend.
Unstreitig ist, dass bereits das Anlegen einer Handakte durch den Verfahrensbeistand seinen Vergütungsanspruch auslöst. Dieser Vorgang dauert ebenfalls nicht länger als die vom OLG München geschätzte Zeit von ca. einer Minute für das ergebnislose Telefonieren. Hieran wird deutlich, dass das Abstellen auf die Dauer kein taugliches Kriterium ist.
Fehl geht ebenfalls der Hinweis auf das Heranziehen der Wertung des § 19 Abs. 1 S. 1 RVG, wonach bestimmte Vorbereitungs-, Neben- oder Abwicklungstätigkeiten nicht gesondert vergütungsfähig sind, sodass mit Rücksicht hierauf auch völlig unbedeutende (oder in keiner Hinsicht notwendige) Tätigkeiten des Verfahrensbeistandes ebenfalls nicht vergütungsfähig sein sollen. Das Heranziehen des RVG passt nicht, weil "die Tätigkeit des Verfahrensbeistandes eine Vielzahl von Einzeltätigkeiten umfasst, die sich auf das gesamte Verfahren erstrecken und je nach Sachlage unterschiedliche Gewichtungen erfahren." Ein Vergleich ihrer Vergütungen ist daher nicht angebracht, sodass auch die Wertungen des RVG außer Ansatz bleiben müssen.
Ein weiteres Problemfeld ist die konkludente Verfahrensbeistandsbestellung.