Die exemplarisch dargestellten Fälle zeigen deutlich, dass sich bei sorgfältiger Arbeit des Gerichts und des Verfahrensbeistandes gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden lassen. Auch der Gesetzgeber ist aufgerufen, einige Bestimmungen der §§ 158 ff. FamFG neu zu fassen.
Vor der Bestellung des Verfahrensbeistandes nach § 158 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 FamFG ist vom Familienrichter das Tatbestandmerkmal der Erforderlichkeit stets eingehend zu prüfen. Wäre er verpflichtet, nicht nur in Fällen des Absehens von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes dieses in der Endentscheidung gemäß § 158 Abs. 3 S. 2 FamFG zu begründen, sondern bestünde die Begründungspflicht auch bereits bei der Bestellung des Verfahrensbeistandes, dann hätte das Vorteile in zweifacher Hinsicht: Einerseits wäre die Begründungspflicht der Verfahrensbeistandsbestellung für den Richter insoweit eine professionelle Selbstkontrolle als er die Erforderlichkeit der Verfahrensbeistandsbestellung an Hand des Einzelfalles schriftlich darlegen muss; andererseits erhielten die beteiligten für die Kosten des Verfahrensbestandes grundsätzlich aufkommenden Eltern durch die schriftliche Begründung Kenntnis von den Gründen, mit denen sie sich bei der Anfechtung gegen die Endentscheidung auseinandersetzen könnten.
Nach der aktuellen Gesetzeslage ist dagegen umstritten, ob bereits die Bestellung eines Verfahrensbeistandes begründet werden muss. Denn Zweifel hieran könnten sich aus § 158 Abs. 2 S. 2 FamFG ergeben, der bestimmt, dass lediglich eine Begründung erforderlich ist, wenn von der Bestellung der Verfahrensbeistandsbestellung abgesehen wird. Im Hinblick darauf, dass es mit dem grundsätzlichen Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder am 1.7.2021 nunmehr eine obligatorische Verfahrensbeistandsbestellung (§ 158 Abs. 2 FamFG) und eine Regelbestellung des Verfahrensbeistandes (§ 158 Abs. 3 S. 1 FamFG) gibt, muss nunmehr zwischen diesen Fällen differenziert werden. Bei der Muss-Bestellung des Verfahrensbeistandes nach § 158 Abs. 2 FamFG entfällt jegliche Begründungspflicht. Denn sie ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Hierbei ist lediglich festzustellen, ob eine der drei Möglichkeiten vorliegt, nämlich die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666, 1666a, der Ausschluss des Umgangsrechts nach 1684 BGB oder eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 oder nach § 1682 BGB. Anders könnte es hingegen bei der Regelbestellung des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 3 S. 1 FamFG und nach dem Grundtatbestand der Bestellung nach § 158 Abs. 1 S. 1 FamFG sein.
Menne führte bezüglich des alten Verfahrensbeistandsrechts hierzu aus, dass eine kurze Begründung für die Bestellung des Verfahrensbeistandes empfehlenswert sei. Es genügte daher in den Fällen der §§ 158 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 FamFG nicht, lediglich die in Betracht kommende Norm zu nennen, ohne eine Subsumtion anhand des konkreten Lebenssachverhalts unter die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verfahrensbeistandsbestellung vorzunehmen.
Im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Endentscheidung, mit der auch die Bestellung des Verfahrensbeistands gerügt werden kann, sollte auch eine Darlegung der Gründe, die zur Bestellung dieses Beistands geführt haben, obligatorisch sein.
Auch in Bezug auf die umstrittene Frage, ob die konkludente Verfahrensbeistandsbestellung überhaupt rechtlich zulässig ist, lässt sich feststellen, dass dieses Problemfeld an sich nicht bestehen dürfte, wenn der Verfahrensbeistand sorgfältig seine eigenen Interessen wahrnähme. Denn er hat stets darauf zu achten, dass seine Verfahrensbeistandsbestellung durch das Gericht erfolgt ist, die seine Vergütung auslöst. Darüber hinaus sollte aber auch das Gericht stets darauf achten, ob für jede Kindschaftssache die Verfahrensbeistandsbestellung erforderlich ist, zumal nur der bestellte Verfahrensbeistand in der jeweiligen nicht-öffentlichen Familiensache anwesend sein darf.
Darüber hinaus sollte der Gesetzgeber auch die mit der Entpflichtung des Verfahrensbeistandes und Bestellung eines neuen Verfahrensbeistandes neu aufgetretenen Rechtsprobleme regeln, damit der entpflichtete Verfahrensbeistand nicht an der Statthaftigkeit seiner Beschwerde scheitert.
Gleichfalls ist der Gesetzgeber aufgerufen, die zeitliche Dauer der Aufbewahrungspflicht der Akte eines Verfahrensbeistandes gemäß § 158 FamFG und die Rechtsfrage gesetzlich zu regeln, ob die Verfahrensbeistandschaftsbestellung ausdrücklich der Begründung bedarf.
Autor: Dr. Harald Vogel, weiterer aufsichtführender Richter am Amtsgericht a.D., M.A., Berlin
FF 10/2024, S. 396 - 402