§§ 313, 812, 818, 819, 1578 Abs. 1, 1578b Abs. 1 S. 2, 3, § 1581, 1609 Nr. 2, 3 BGB, § 323 ZPO, § 36 EGZPO, §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 26, 32a Abs. 5, 66a EstG, § 40 Abs. 1 BBesG
Leitsatz
1. Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln.
2. Ausnahmen von dieser Dreiteilung ergeben sich bei unterschiedlicher Rangfolge der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit, wenn ein Mangelfall vorliegt (§ 1581 BGB).
3. Ist der Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten durch den hinzugekommenen Unterhaltsbedarf eines neuen Ehegatten herabgesetzt, ist im Rahmen der dann gebotenen Dreiteilung das Gesamteinkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zugrunde zu legen (Aufgabe BGH, 11.5.2005 – XII ZR 211/02, BGHZ 163, 84, 90 f. = FamRZ 2005, 1817, 1819).
4. Das gilt ebenso für einen Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 BBesG (Aufgabe BGH, 28.2.2007 – XII ZR 37/05, BGHZ 171, 206, 223 f. = FamRZ 2007, 793, 797 f.).
5. Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach geschiedener Ehe ist nur dann mit dem Anspruch eines neuen Ehegatten auf Betreuungsunterhalt gleichrangig, wenn nach langer Ehedauer auch ehebedingte Nachteile i.S. des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorliegen (§ 1609 Nr. 2 BGB). Auch insoweit ist darauf abzustellen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.
BGH, Urt. v. 30.7.2008 – XII ZR 177/06 (OLG Oldenburg, AG Lingen)
Sachverhalt
Tatbestand: Der 1949 geborene Kläger und die 1948 geborene Beklagte hatten 1978 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Nachdem die Parteien sich im Mai 2002 getrennt hatten, wurde die Ehe mit Urt. v. 12.4.2005 rechtskräftig geschieden.
Zuvor hatten die Parteien im Verbundverfahren einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger verpflichtet hatte, an die Beklagte nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 600 EUR zu zahlen. Dabei gingen die Parteien von einem Einkommen des Klägers aus, das sich nach Abzug seiner Krankenversicherungsbeiträge und berufsbedingter Ausgaben auf 2.583 EUR monatlich belief. Ein Wohnvorteil in Höhe von 450 EUR monatlich wurde durch Zinsbelastungen in gleicher Höhe neutralisiert. Hinsichtlich der Beklagten gingen die Parteien von Einkünften aus, die sich abzüglich berufsbedingter Kosten auf 1.075 EUR beliefen. Zuzüglich einer erzielbaren Miete für eine Eigentumswohnung in Polen in Höhe von 100 EUR ergaben sich anrechenbare Einkünfte in Höhe von 1.175 EUR monatlich. Daraus ergab sich eine Einkommensdifferenz in Höhe von 1.408 EUR und der im Wege der Differenzmethode (3/7) errechnete Unterhaltsbetrag in Höhe von ca. 600 EUR.
Der Kläger ist nach wie vor als Lehrer berufstätig und erzielt Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 12. Auch die Einkünfte der Beklagten, die seit 1992 durchgehend vollschichtig als Verkäuferin tätig ist, belaufen sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen nach wie vor auf 1.075 EUR monatlich.
Der Kläger hat am 15.10.2005 erneut geheiratet. Außerdem erbringt er seit dem Einzug in die Ehewohnung am 17.10.2005 auch Unterhaltsleistungen für die bereits am 1.12.2003 in Polen geborene Tochter S. Auf diese zusätzlichen Unterhaltspflichten stützt der Kläger nunmehr seinen Antrag auf Wegfall der Unterhaltspflicht für die Zeit ab Oktober 2005 und auf Rückzahlung der seit Rechtshängigkeit der Abänderungsklage gezahlten Unterhaltsbeträge.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG der Klage teilweise stattgegeben; es hat die Unterhaltsverpflichtung des Klägers auf zuletzt 200 EUR monatlich herabgesetzt und die Beklagte verurteilt, an den Kläger insgesamt 2.800 EUR überzahlten Unterhalt zurückzuzahlen. Dagegen richtet sich die – vom OLG zugelassene – Revision der Beklagten.
Aus den Gründen
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2006, 1842 veröffentlicht ist, ist die Abänderungsklage ohne die Zeitschranke des § 323 Abs. 3 ZPO auch rückwirkend zulässig. Die Klage sei teilweise begründet, weil nach Abschluss des Vergleichs weitere vor- oder gleichrangige Unterhaltsberechtigte hinzugekommen seien. Der Vergleich sei deswegen nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage an die veränderten Umstände anzupassen.
Die Frage nach einer Befristung oder Kürzung des Unterhaltsanspruchs gem. den §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. stelle sich nicht. Denn die Parteien hätten sich in Kenntnis aller Umstände auf eine unbefristete Unterhaltszahlung geeinigt, was unverändert Bestand habe.
Allerdings seien nunmehr die hinzugekommenen Unterhaltspflichten des ...