1. Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 2 BGB scheidet als Anschlusstatbestand für einen geltend gemachten Krankenunterhaltsanspruch nach § 1572 BGB aus, wenn und soweit die Krankheit zu einem Zeitpunkt auftritt, zu dem bereits eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts i.S.d. § 1573 Abs. 4 BGB eingetreten ist, weil in diesem Fall die Erkrankung allein der Risikosphäre des Unterhaltsberechtigten zuzuordnen ist.
2. Die Rspr. des Bundesgerichtshofs zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen mit der Folge, dass sogar Unterhaltsansprüche des neuen Ehegatten als bedarfsprägend angesehen und die Unterhaltsansprüche des vormaligen und neuen Ehegatten im Wege der Dreiteilung berechnet werden, hebt die Unterscheidung zwischen dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen einerseits und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen andererseits weitgehend auf und lässt sich deshalb mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1578 Abs. 1, 1581 BGB nur schwerlich in Übereinstimmung bringen; sie entfernt sich auch von dem Verständnis der Ehe als lebenslanger Gemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 BGB).
3. Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs nach der Dreiteilungsmethode kann in Abhängigkeit von dem Einkommengefälle zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten zu einer übermäßigen und unverhältnismäßigen Entwertung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten gem. § 1573 Abs. 2 BGB führen, während der neue Ehegatte das erhält, was ihm auch dann zustünde, wenn Unterhaltsschuldner keinen weiteren Ehegattenunterhaltsansprüchen ausgesetzt wäre. Deshalb ist es auch auf der Grundlage der Rspr. des Bundesgerichtshofs jedenfalls geboten, das durch die Einbeziehung des Unterhaltsanspruchs des neuen Ehegatten bereits auf der Bedarfsebene und die Dreiteilungsmethode gewonnene Ergebnis auf eine angemessene und ausgewogene Verteilung der Unterhaltsan-sprüche der berechtigten Ehegatten untereinander unter Berücksichtigung der mit den Unterhaltsansprüchen verbundenen Belastungen für den Unterhaltsschuldner zu überprüfen und ggf. wertend zu korrigieren.
4. Ein geeignetes Mittel zur Herbeiführung angemessener und ausgewogener Ergebnisse ist bei vergleichender Betrachtung, ob und ggf. in welcher Höhe dem neuen Ehegatten, der tatsächlich über kein Erwerbseinkommen verfügt, nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Eigenverantwortung ein Erwerbseinkommen zuzurechnen ist.
5. Haben sich die maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen nicht verändert und stammt der Vortitel aus einer Zeit, in der die geänderte Rspr. des BGH zur zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1573 BGB wirksam geworden und publiziert worden ist, beseitigt § 36 Abs. 1 Nr. 1, 2 EGZPO nicht die Bindungswirkungen des Vortitels.
(Leitsätze der Redaktion)
OLG Hamm, Urt. v. 12.3.2009 – 2 UF 179/08 (AG Marl)