I. Einleitung

Die anwaltliche Beratung nach einem abgeschlossenen Mediationsverfahren gehört zum Standard eines ordnungsgemäßen Mediationsverfahrens. Neben der anwaltlichen "Endkontrolle" gibt es noch viele andere wertvolle Möglichkeiten der anwaltlichen Begleitung. Welchen Nutzen die anwaltliche Beratung neben einem Mediationsverfahren hat und wie der beratende Anwalt seine Rolle ausfüllen kann, ist in der Praxis häufig unklar.

Im Folgenden sollen an vier Praxisfällen die Möglichkeiten einer anwaltlichen Begleitung in familienrechtlichen Mediationsverfahren dargestellt werden. Zunächst wird in einem Fall dargestellt, welchen Stellenwert die anwaltliche Beratung für das Mediationsverfahren hat, um im Anschluss daran die Möglichkeiten der anwaltlichen Beratung zu unterschiedlichen Zeitpunkten, nämlich vor, während oder nach der Mediation zu beleuchten.

II. Bedeutung der anwaltlichen Beratung für das Mediationsverfahren

Die anwaltliche Beratung nach Erstellung eines Vereinbarungskonzeptes und vor abschließender vertraglicher Vereinbarung ist Ausdruck des Informiertheitsgebotes und dient als Vergleichsmaßstab.[1] Inwieweit die rechtliche Problematik in der Mediation bearbeitet werden kann, ist umstritten und wird nicht einheitlich beantwortet. Die Bandbreite geht dahin, dass der Mediator sich grundsätzlich jeglicher rechtlicher Beurteilung und Bearbeitung zu enthalten hat,[2] bis zu der Meinung, dass der juristische Mediator durchaus auch rechtlich Stellung nehmen und bewerten kann.[3]

Die rechtliche Bearbeitung erfolgt grundsätzlich nach oder auch parallel zur Mediationsarbeit. Spätestens wenn feststeht, wie die Lösung aussehen soll, muss die rechtliche Umsetzung überprüft werden und zum anderen muss jeder Mediationsteilnehmer die mit der Lösung verbundenen Risiken kennen und sie akzeptieren können.

Nur wenn die Medianten ihre rechtliche Position und Situation korrekt einschätzen können, sind sie in der Lage, eine eigene Entscheidung zu treffen. Erst dann können sie gut einen Vertrag abschließen, den sie in allen Punkten bejahen. Deswegen ist spätestens vor Abschluss einer Trennungs- bzw. Scheidungsvereinbarung m.E. eine anwaltlich parteiliche Beratung erforderlich.

Das ist nicht damit gleichzusetzen, dass nur die juristische Lösung eine gute und gerechte Lösung ist, vielmehr ist dies nur die Lösung, die momentan[4] von der Jurisprudenz als gerecht angesehen wird. Die Parteien können hierzu ganz andere Gerechtigkeits- und Fairnessvorstellungen haben, die in ihrer konkreten Partnerschafts- und Lebenssituation begründet sind. Dies sollte der anwaltliche Berater immer vor Augen haben, um auch andere Lösungen der Parteien zu akzeptieren.

Auf dieser Basis soll der Einsatz des anwaltlichen Beraters untersucht werden.

[1] Eisele, Recht und Gerechtigkeit in der Mediation, ZRph, 2003, 183, 189 m.w.N.
[2] Haynes/Bastine, S. 149; Stoldt, SpM 2009, 42.
[3] Mäher/Mäher, S. 53 ff., Breidenbach, S. 287; Hohmann/Morawe, S. 83 ; Hennssler, S. 75 ff.
[4] Wenn man die Umwälzungen der Gesetzgebung und der Rechtsprechung im Bereich des Familienrechtes in den letzten zehn Jahren betrachtet – beispielhaft möchte ich nur die Aufgabe der Anrechnungsmethode durch den BGH im Jahr 2001 (Urt. v. 13.6.2001 – XII ZR 343/99) und die gesetzliche Veränderung des Unterhaltsrechts durch die Unterhaltsrechtsreform 2008 erwähnen – dann wird deutlich, welchen Schwankungen auch die juristische Beuteilung unterliegt.

1. Anwaltliche Beratung als notwendiger Bestandteil eines Mediationsverfahrens

a) Ausgangssituation

Ehefrau 42 Jahre, Betriebswirtin, teilweise im Betrieb beschäftigt

Ehemann 52 Jahre, Ingenieur mit eigenem Betrieb

Kinder: 10 Jahre männlich, 6 Jahre männlich, 5 Jahre männlich

Die Eheleute lebten im gemeinsamen Hausanwesen, die Ehefrau möchte sich trennen und mit den drei Kindern ausziehen. Die Parteien leben in weit überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen. Es gibt wechselweise unterschiedliche Beteiligungen an den diversen Firmen der Parteien.

b) Mediation

In der ersten Sitzung wurden mit den Parteien das Konzept des Mediationsverfahrens und die erforderliche anwaltliche Beratung am Ende des Verfahrens besprochen. Der Ehemann lehnte in diesem Erstgespräch eine anwaltliche Beratung zum Ende der Mediation vor Abschluss der Vereinbarung ab, da er ein eskalierendes Szenario befürchtete. Die Ehefrau vertrat zunächst auch die Auffassung des Ehemannes und wollte ihrerseits auf eine anwaltliche Beratung nach Erarbeiten des Vereinbarungskonzeptes verzichten.

In einem solchen Fall ist dringend erforderlich, intensiv die Notwendigkeit der anwaltlichen Beratung zu besprechen. Nachdem detailliert vom Mediator erläutert worden war, warum eine anwaltliche Beratung erforderlich ist, setzte eine wesentliche Veränderung bei der Ehefrau ein. Sie konnte ihr Emanzipationsbedürfnis mobilisieren und erkannte, dass die juristische Beratung ein Teil ihrer Selbstbehauptung ist. Es wurde ihr nicht nur die Wichtigkeit einer anwaltlichen Beratung bewusst, sondern auch, dass die anwaltliche Beratung zur Herstellung des Machtgleichgewichts zwischen den Parteien notwendig ist.

c) Anwaltliche Beratung

Die Ehefrau hat sich nach der nicht fortgeführten Mediation anwaltlich beraten las...

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