a) Nachrangigkeit
Im Voraufsatz wurde dargelegt, dass der BGH bereits seit dem Frühjahr 2009 unter Hinweis auf die gesetzliche Systematik betont, dass auch elternbezogene Gründe einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils entgegenstehen können, sofern – insoweit vorrangig – nicht schon kindbezogene Gründe gegen eine solche Erwerbstätigkeit sprechen. Neuere Entscheidungen sind in diesem Bereich nicht zu verzeichnen, so dass auf den Voraufsatz verwiesen werden kann.
b) Überobligatorische Tätigkeit
Die Entscheidung des BGH vom 21.4.2010 (s.o. unter II.1b)) macht deutlich, dass man mit pauschalen Betrachtungen etwa in der Art, Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit dürften nicht über einen Achtstundentag hinausgehen, nicht weiterkommt, sondern dass im Einzelfall über die Frage der Unzumutbarkeit entschieden werden muss. Dazu passen die Ausführungen in der aktuellen Entscheidung des BGH vom 15.6.2011 (s.o. unter II.1f)), wenn ausgeführt wird, bei der Frage einer überobligatorischen Belastung wegen eines neben einer Ganztagsbetreuung verbleibenden Betreuungsbedarfs müssten die individuellen Verhältnisse dargelegt werden, eine pauschale Beurteilung scheide aus. Noch deutlicher sind die Ausführungen in der Entscheidung E18, wonach der Aufwand für die Erledigung der hauswirtschaftlichen Aufgaben durch den betreuenden Elternteil im Rahmen der Anspruchsverlängerung außer Betracht zu lassen sein soll, weil es sich dabei um einen Teil des vom betreuenden Elternteil geschuldeten Naturunterhalts handele. Diese Argumentation erscheint verfehlt. Realistischer erscheint die Entscheidung E21. Zu Lasten der Kindesmutter wurde gefordert, das Kind im Nachbarort in einem Ganztagskindergarten unterzubringen; zugunsten der Kindesmutter wurde angenommen, dass bei einem Kind im Grund- oder Vorschulalter auch bei ganztägiger Fremdbetreuung nach Rückkehr in den mütterlichen Haushalt noch der Bedarf für weitere elterliche Zuwendung und Fürsorge besteht und die von den Verwandten der Mutter geleistete Unterstützung nicht zur Entlastung des Kindesvaters führt. Wird in der Basiszeit – trotz fehlender gesetzlicher Verpflichtung – gleichwohl gearbeitet, ist entsprechend § 1577 Abs. 2 S. 2 BGB nach Billigkeitsge-sichtspunkten über den Umfang der Anrechnung des erzielten Einkommens auf den Bedarf zu entscheiden (E21). Im entschiedenen Fall wurde das Einkommen als voll überobligatorisch angesehen und nur zur Hälfte angerechnet.
c) Tatsächliche Berufstätigkeit
Hier kann zunächst auf die Ausführungen zu der Entscheidung E21 unter 3b) hingewiesen werden. Neuere Entscheidungen im Bereich der tatsächlichen Berufstätigkeit liegen nicht vor; deshalb wird auf die Ausführungen im Voraufsatz verwiesen.
d) Besonderheiten
Geht es um den Unterhalt der Mutter eines nicht ehelich geborenen Kindes, kommt eine Anspruchsverlängerung wegen Krankheit nur dann in Betracht, wenn diese Krankheit schwangerschafts- oder entbindungsbedingt ist (E16). Für eine Anspruchsverlängerung kann sprechen, dass die betreuende Kindesmutter zu ungünstigen Zeiten im Schichtdienst tätig ist (E24). Andererseits kann ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt wegen kurzer Ehedauer schon nach Ablauf der Basiszeit wegen Verwirkung entfallen (E23).
In seiner Entscheidung vom 21.4.2010 (s.o. unter II.1b)) bestätigt der BGH seine Ansicht, dass auf Seiten des betreuenden Elternteils kein Betreuungsbonus als Abzugsposition in Betracht kommt. Aus der Entscheidung E13 ergibt sich, dass von der Frage eines Betreuungsbonus die Frage zu trennen ist, ob nicht ein Abschlag wegen unzumutbarer Tätigkeit gerechtfertigt ist; im entschiedenen Fall wurde das abgelehnt unter Hinweis darauf, Mehrarbeit sei für einen Arzt berufstypisch und übersteige nicht das übliche Maß. In der Entscheidung E18 wird darauf hingewiesen, ein Bonus könne nur bei besonderen, im entschiedenen Fall nicht vorliegenden Erschwernissen zugebilligt werden.