Noch ein Wort zur Belastungssituation bei den Familiengerichten: Mit der FamFG-Reform vom 1.9.2009 sind den Familiengerichten, wie oben geschildert, zusätzliche Aufgaben übertragen worden. Eine der Mehrarbeit adäquate personelle Aufstockung aber hat es weithin nicht gegeben. Für die Bearbeitung einer sonstigen Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 FamFG wird dem Familienrichter nach der pensenmäßigen Bewertung gemäß pebb§y (System der Personalbedarfsberechnung) eine Arbeitszeit von 170 Minuten zugestanden. Das ist die Zeit, die ihm seitens der Justizverwaltung eingeräumt wird für die gesamte Bearbeitung einer Akte, in der es etwa um Gesamtschuldnerausgleich, die Rückabwicklung einer ehebezogenen Zuwendung oder die Auseinandersetzung einer Ehegatteninnengesellschaft geht – meist schwierige und komplexe Streitigkeiten. Den vor der Reform für diese Materien überwiegend zuständigen Zivilkammern bei den Landgerichten standen für die gleiche Akte 480 Minuten zur Verfügung. Wie soll bei solchen Bedingungen die Qualitätsverbesserung erreicht werden, die u.a. der Reformgesetzgeber sich von der Verlagerung der vermögensrechtlichen Streitigkeiten außerhalb des Güterrechts auf die Familiengerichte versprochen hat? In der Rechtsmittelinstanz ist die Diskrepanz nicht ganz so krass, aber immerhin wird auch hier von den nunmehr zuständigen Familiensenaten erwartet, dass sie eine sonstige Familiensache in 1.100 Minuten erledigen, während den Zivilsenaten zuvor 1.600 Minuten zugestanden wurden.[18]

Nur sehr vereinzelt haben die Landesjustizverwaltungen auf die berechtigten Klagen der Familienrichter über ihre nach der Reform verschärfte Belastung reagiert. So hat Baden-Württemberg – und das ist anzuerkennen – die pebb§y-Werte in den Familiensachen für beide Tatsacheninstanzen generell um 10 % aufgewertet mit der Folge, dass es, jedenfalls bei den größeren Gerichten, zu internen Personalverschiebungen zugunsten der Familienabteilungen bzw. -senate kommen konnte. Die eigentlich in gewissem Umfang auch gebotene Personalverschiebung von den Landgerichten zu den Amtsgerichten hat aber auch hier, wie weitgehend anderswo, nicht stattgefunden.

Was die Situation in der Rechtsmittelinstanz anbetrifft, so wird die Arbeit der Familiensenate schon länger durch eine ungerechtfertigt ungünstige Pensenbewertung der Familiensachen im Vergleich mit den allgemeinen Zivilsachen erschwert.[19] Wer über eine längere Zeit in beiden Bereichen gearbeitet hat, weiß, dass es die jeweilige Belastung nicht angemessen widerspiegelt, wenn Rechtsmitteln gegen Endentscheidungen der Familiengerichte (UF-Sachen) nur 7/10 der Wertigkeit von Rechtsmitteln gegen Endentscheidungen der Landgerichte (U-Sachen) zugestanden wird, wie es bei zahlreichen Oberlandesgerichten aufgrund entsprechender pebb§y-Bewertungen der Fall ist. Die Arbeit in einem Familiensenat macht das nicht gerade attraktiv.

[18] Näher Herrler, DRiZ 2009, 240.
[19] Vgl. schon Luthin, FamRZ 1999, 16.

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