Die Idee war nicht neu. Schon der damalige Reichsjustizminister Schiffer hatte 1928, also während der Weimarer Zeit, ein besonderes Gericht für Scheidungsverfahren und scheidungsbezogene Verfahren vorgeschlagen. In der ehemaligen DDR war der Gedanke früh aufgegriffen und umgesetzt worden. Die Bundesrepublik Deutschland brauchte etwas länger: Erst mit dem Inkrafttreten des 1. EheRG am 1.7.1977 wurden Familiengerichte als besondere Abteilungen der Amtsgerichte eingerichtet.
Die Zuständigkeit dieser Familiengerichte der ersten Stunde umfasste neben den Ehesachen im Wesentlichen die Bereiche Ehegattenunterhalt, Versorgungsausgleich, güterrechtliche Ansprüche, Ehewohnung und Hausrat sowie – allerdings nur eheliche Kinder betreffend – die Bereiche Kindesunterhalt, elterliche Sorge (damals noch "elterliche Gewalt" genannt), Umgangsrecht (nach damaliger Terminologie "persönlicher Verkehr") und Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil. Die familiengerichtliche Zuständigkeit ist sodann im Laufe der Jahrzehnte Schritt für Schritt erweitert worden.
Die erste wichtige und umfangreiche Zuständigkeitserweiterung erfolgte im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform zum 1.7.1998. Dem Familiengericht wurde jetzt auch die Verantwortung für Sorgerechts-, Umgangsrechts- und Herausgabeverfahren betreffend nichteheliche Kinder übertragen. Im Bereich der § 1666 ff. BGB (Kindeswohlgefährdung) wurde die bis dahin bestehende Zuständigkeitsaufspaltung zwischen Vormundschafts- und Familiengericht zugunsten einer umfassenden Zuständigkeit des Familiengerichts aufgelöst. Dem Familiengericht wurden weiter sämtliche Kindschaftssachen einschließlich der Angelegenheiten, die nach heutiger FamFG-Terminologie als Abstammungssachen bezeichnet werden, übertragen. Neu hinzu kamen auch Unterhaltssachen betreffend nichteheliche Kinder und der Elternunterhalt ("durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht") sowie schließlich Unterhaltsansprüche der Mutter bzw. des Vaters eines nichtehelichen Kindes (§ 1615l BGB).
Zwei weitere neue Aufgabenbereiche wurden den Familiengerichten 2001 und 2002 zugewiesen: zum 1.8.2001 die Lebenspartnerschaftssachen, zum 1.1.2002 die Verfahren nach dem neu geschaffenen Gewaltschutzgesetz, Letztere allerdings zunächst beschränkt auf die Fälle, in denen die Beteiligten einen auf Dauer angelegten Haushalt führten oder innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung geführt hatten, während die übrigen Gewaltschutzsachen den Zivilprozessgerichten zugeordnet wurden.
Die zweite gewichtige und umfangreiche Zuständigkeitserweiterung, die vorerst letzte, ist durch das FamFG zum 1.9.2009 erfolgt. Zum einen sind dabei zahlreiche bisher von den Vormundschaftsgerichten bearbeitete Angelegenheiten den Familiengerichten übertragen worden, so insbesondere die Verfahren betreffend die Vormundschaft oder Pflegschaft für Minderjährige (§ 111 Nr. 2 i.V.m. § 151 Nr. 4, 5 FamFG) und die Adoptionssachen (§ 111 Nr. 4 i.V.m. § 186 FamFG). Zum Zweiten hat in größerem Umfang eine Verlagerung der Zuständigkeit von den Zivilprozessgerichten auf die Familiengerichte stattgefunden. Zunächst sind die Gewaltschutzsachen, die bisher in die Zuständigkeit der Zivilprozessgerichte fielen, nun den Familiengerichten zugeordnet worden (§ 111 Nr. 6 i.V.m. § 210 FamFG), die seitdem für alle Gewaltschutzsachen zuständig sind, also auch für Konflikte i.S.d. § 1 GewSchG zwischen Nachbarn, Kollegen und Personen ohne jegliche persönliche Nähebeziehung. Sodann sind – und das ist die gravierendste Veränderung – die vermögensrechtlichen (und nichtvermögensrechtlichen) Streitigkeiten unter Ehegatten wie auch solche zwischen einem Ehegatten und Eltern bzw. Schwiegereltern, die bisher vor den Zivilprozessgerichten abzuwickeln waren, als "sonstige Familiensachen" den Familiengerichten übertragen worden (§ 111 Nr. 10 i.V.m. § 266 FamFG). Dabei geht es um Streitigkeiten betreffend den Gesamtschuldnerausgleich oder das Guthaben auf Konten, die Aufteilung einer Steuererstattung, die Rückabwicklung von Zuwendungen, die Auseinandersetzung des Miteigentums am Familienheim oder einer BGB-Innengesellschaft, um nur die vielleicht in der Praxis wichtigsten Fallgruppen zu nennen. Es ist dies der Bereich, der heute gern als "Nebengüterrecht" bezeichnet wird. Mit der Aufnahme dieser Themenbereiche in den familiengerichtlichen Zuständigkeitskatalog ist die Idee des sog. Großen Familiengerichts verwirklicht worden.
Wie schon die eine oder andere der früheren Zuständigkeitserweiterungen hatte diejenige von 2009 vor allem auch den Sinn, die Nachteile der bisherigen Zuständigkeitszersplitterungen zu beseitigen. Sie bestanden darin, dass Streitstoff durch verschiedene Gerichte doppelt behandelt wurde (die Frage etwa, welcher Ehegatte im Innenverhältnis für eine Gesamtschuld einstehen muss, war im Gesamtschuldnerausgleichsprozess ebenso von Bedeutung wie im Zugewinnausgleichsverfahren), dass divergierende Entscheidungen drohten, dass verfahrensübergreifende Gesam...