Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht. Gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG wacht die staatliche Gemeinschaft über ihre Betätigung. Im Gegensatz zu Art. 4 GG ist das Recht aus Art. 6 GG durch Gesetz beschränkbar. Das Kindesschutzrecht des BGB (§§ 1666, 1666a BGB) repräsentiert – wie es Coester ausdrückt – "die einfachgesetzliche Konkretisierung dieser allgemeinen Demarkationslinie zwischen Familie und Staat". Die Eltern haben zwar grundsätzlich das Recht und die Pflicht, die Pflege und Erziehung ihres Kindes nach ihren eigenen Vorstellungen frei zu gestalten, doch bildet das Kindeswohl i.S.d. §§ 1666, 1666a BGB die materielle Grenze für die Religionsfreiheit der Eltern. Bei nachhaltiger Beeinträchtigung des Kindeswohls hört das Prinzip der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates in Religionsfragen auf zu existieren. Das Kind hat dann ein Recht "vor den Eltern". Die Grundrechte des Kindes aus Art. 2 GG verpflichten den Staat, zum Schutz des Kindes einzugreifen, wenn ihm von den Eltern direkt Gefahren drohen. Der Kinderschutz gebietet ein Eingreifen des Staates. Dieser Schutz des Kindes vor seinen Eltern setzt sich in der verfassungsrechtlichen Prüfung durch, wenn das Elternrecht und das Recht des Kindes auf "Schutz vor seinen Eltern" im Einzelfall unversöhnlich aufeinander treffen.
Grundsätzlich haben die Eltern das Recht, ihrem Kind die von ihnen für richtig gehaltene religiöse oder weltanschauliche Erziehung zu vermitteln. Die religiöse Erziehung eines Kindes ist Bestandteil der Personensorge. Dieser Teil der Personensorge hat im Gesetz über die religiöse Kindererziehung eine gesonderte Regelung erfahren, die den allgemeinen Regelungen zur Personensorge im BGB vorgeht. Nach § 2 Abs. 3 Satz 5 KErzG ist das Kind bereits anzuhören, wenn es das zehnte Lebensjahr vollendet hat. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden, § 5 Satz 2 KErzG. Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahres steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will, § 5 Satz 1 KErzG.
Nach dem rabbinischen Religionsgesetz hängt die jüdische Eigenschaft lediglich von der Abstammung ab. Die Konfession des Kindes bestimmt sich daher qua Geburt nach der Konfession der Mutter. Jedes männliche Kind einer jüdischen Mutter ist deshalb von Geburt an Jude, unabhängig davon, ob er beschnitten ist oder nicht. Die Beschneidung selbst ist lediglich ein – wenn auch außerordentlich hohes – Symbol, durch welches die Zugehörigkeit zum jüdischen Glauben und zur Gemeinschaft seiner Bekenner dokumentiert wird. Durch dieses Zeichen unterscheidet sich das jüdische Volk vor allem in der Frage, wann die Beschneidung vorgenommen werden soll, von anderen Völkern. Das Festhalten an der Beschneidung trotz des Verbots des seleukidischen Herrschers Antiochus IV. ist ein Akt des Widerstands gegen die Unterdrücker und hält das Judentum im Innersten zusammen. Die Beschneidung ist, wie es Bodenheimer ausdrückt, "zu einer unhintergehbaren Form des Selbsterhalts schlechthin im Judentum geworden". Auch wenn das männliche jüdische Kind und der Jugendliche zur Beschneidung nicht gezwungen werden können, haben sie soziale Nachteile, wenn sie nicht beschnitten sind. Deusel weist darauf hin, dass der Unbeschnittene "nicht von der Priesterhebe und vor allem nicht vom Pessachopfer essen darf". Der Unbeschnittene wird nicht zum vollgültigen Angehörigen seines Glaubens und seines Volkes. Hieraus wird ersichtlich, dass jüdische Eltern alles daran setzen, dass ihr Junge am achten Tag beschnitten wird, wie es in der Bibel steht. Eine lediglich symbolische Beschneidung ohne Körperverletzung, wie sie Paulus fordert, kommt für sie in der Regel nicht in Betracht.
Die wesentliche Bedeutung der Beschneidung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Erziehungsrecht der Eltern in religiösen Fragen im Einzelfall kollidieren kann – und auch kollidiert – mit der Verantwortung des Staates für das Wohlergehen des männlichen Kindes und dessen Grundrechtsschutz aus Art. 2 GG. Die religiöse Kindererziehung findet letztlich ihre Grenze an den materiell- und verfahrensrechtlichen Kinderschutzvorschriften. Die materiell-rechtliche Vorschrift des § 1627 Satz 1 BGB bestimmt, dass die Eltern die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben haben. Nach Satz 2 dieser Bestimmung müssen sie sich bei Meinungsverschiedenheiten einigen. Ein Dissens der Eltern über die Beschneidung besteht oftmals innerhalb bi-konfessioneller Ehen. Können sie sich in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen, so kann das...