Nach den §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 BGB kann das Familiengericht dem Vater und der Mutter nach § 1796 BGB die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmtem Kreis von Angelegenheiten entziehen. Dies setzt gemäß § 1796 Abs. 2 BGB allerdings die gerichtliche Feststellung voraus, dass das Interesse des männlichen Kindes zu dem Interesse seiner Sorgeberechtigten in erheblichem Gegensatz steht. Vom Wortlaut her decken sich diese Tatbestandsvoraussetzungen mit denen des § 158 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, sodass die hierzu ergangene Rechtsprechung herangezogen werden kann. Ein erheblicher Gegensatz liegt vor, wenn im Einzelfall die Gefahr besteht, dass die Förderung des einen Interesses nur auf Kosten des anderen erfolgen kann. Es muss mithin eine erhebliche Interessenverschränkung zwischen denen der/des Sorgeberechtigten mit denen des Kindes bestehen.
Die Interessen des/der Sorgeberechtigten und des Kindes können sich im Einzelfall ausschließen, müssen es aber nicht. Sie schließen sich aus, wenn der positiven Glaubensfreiheit der Eltern die negative Glaubensfreiheit des Kindes gegenübersteht. Das kann aber erst bei vorliegender Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Kindes festgestellt werden. Da das Kind nach jüdischem Glauben bereits am 8. Tag beschnitten werden muss, kann noch keine Aussage zu der eventuellen positiven oder negativen Glaubensfreiheit des Kindes gesagt werden. Da aber die bloße Möglichkeit eines Interessengegensatzes für die Anwendung des § 1796 BGB nicht genügt, kann die Auflösung des erheblichen Interessengegensatzes bei Juden nicht über diese Vorschrift erfolgen. Anders ist es hingegen bei den Muslimen. In der Sure 3, 97 des Koran steht: "Allah ist wahrhaftig, folgt darum der Religion des rechtgläubigen Abraham". Die Berufung auf Abraham erfolgt, weil dieser die ägyptische Magd Hagar geschwängert hat und sein erster Sohn Ismael ist. Auch wenn im Islam die Beschneidung nicht zu den fünf Grundpflichten eines Muslims gehört, erfolgt die Beschneidung nicht an einem bestimmten Tag, sondern geschieht vom dritten Tag nach der Geburt bis zum 15. Lebensjahr. Erfolgt mithin die Beschneidung zu einem Zeitpunkt, in dem das männliche Kind einsichts- und urteilsfähig ist, dann kann es in die Beschneidung rechtswirksam selbst einwilligen oder die Beschneidung auch ablehnen. Der einwilligungsfähige Minderjährige bedarf dann nicht noch zusätzlich der Einwilligung des/der Personensorgeberechtigten.