I. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 20.4.2016, mit dem die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin – Jugendamt – vom 22.3.2007 für unzulässig erklärt wurde, soweit Unterhalt bis einschließlich Dezember 2013 tituliert ist. Zur Begründung dafür, weshalb die Vollstreckung von im Zeitraum bis einschließlich Dezember 2013 – angeblich – aufgelaufener, rückständiger Unterhaltsbeträge unzulässig sein soll, hat das Familiengericht ausgeführt, dass die betreffenden behaupteten Rückstände verwirkt seien. Das Zeitmoment sei erfüllt, weil die Antragsgegnerin in der Zeit vom 16.7.2013 bis zum 29.1.2015 und damit deutlich länger als ein Jahr keine Bemühungen unternommen habe, um ihre titulierten, dynamisierten Unterhaltsansprüche in Höhe von 135 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe abzüglich des jeweiligen Kindergeldes geltend zu machen. Das Umstandsmoment der Verwirkung läge ebenfalls vor, weil der Antragsteller – ihr Vater -, der ab Mai 2013 lediglich einen Unterhaltsbetrag von 200 EUR/Monat und damit einen deutlich geringeren als den titulierten Betrag gezahlt habe, nach Treu und Glauben darauf vertrauen durfte, dass es mit dieser Zahlung sein Bewenden habe und die Differenz zu dem titulierten Unterhaltsbetrag nicht mehr geltend gemacht werden würde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin, die ihren erstinstanzlichen (Abweisungs-) Antrag in zweiter Instanz weiter verfolgt. Sie ist der Auffassung, das Familiengericht habe zu Unrecht eine Unterhaltsverwirkung aufgrund Zeitablaufs angenommen. Sie meint, da es sich um einen titulierten Unterhalt handele, sei bereits fraglich, ob eine Untätigkeit von lediglich etwa eineinhalb Jahren schon ausreichend sei, um das Zeitmoment zu erfüllen. Ein Vertrauen des Antragstellers darauf, dass der Rückstand nicht mehr geltend gemacht werden würde, wird von ihr in Abrede gestellt. Sie meint, als Titelgläubigerin habe sie sich auf den Titel und dessen Bestand verlassen dürfen; sie habe sich lediglich um dessen Durchsetzung zu kümmern. Zu einer zeitnahen Durchsetzung habe indessen keine Veranlassung bestanden, da sie aufgrund von bestimmten Tatsachen davon ausgehen musste, dass eingeleitete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolglos bleiben würden.
Der Antragsteller verteidigt die familiengerichtliche Entscheidung unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags als zutreffend und richtig.
II. Die Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin bietet keine Aussicht auf Erfolg (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114, 119 Abs. 1 ZPO). Denn gegen die familiengerichtliche Entscheidung gibt es auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nichts zu erinnern:
1. Allgemein anerkannt ist, dass der Geltendmachung eines Unterhaltsrückstands die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitete rechtsvernichtende, von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung entgegengesetzt werden kann; dies auch bereits vor Eintritt der Verjährung (vgl. Wendl/Dose/Gerhardt, Das Unterhalts recht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl. 2015, § 6 Rn 142; NomosKommentarBGB/Menne, 3. Aufl. 2014, § 1613 Rn 28). Voraussetzung dafür, dass eine Verwirkung angenommen werden kann, ist nach st. Rspr. (vgl. etwa BGH, Urt. v. 10.12.2003 – XII ZR 155/01, FamRZ 2004, 531 für titulierten Nachscheidungsunterhalt), dass der Unterhaltsberechtigte den fälligen Unterhaltsanspruch längere Zeit hinweg nicht geltend gemacht hat (= Zeitmoment), obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, und der Unterhaltspflichtige sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass der Berechtigte sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (= Umstandsmoment). Soweit Zeit- und Umstandsmoment gegeben sind, scheidet die weitere Geltendmachung des vor dem Zeitmoment liegenden Anspruchs aus. Das liegt hier vor; das Familiengericht hat zutreffend festgestellt, dass sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment gegeben sind:
2. a) Für das Unterhaltsrecht wird – wie das Familiengericht richtig herausgearbeitet hat – allgemein davon ausgegangen, dass an das Zeitmoment der Verwirkung keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Von einem Unterhaltsberechtigten, der lebensnotwendig auf Unterhaltszahlungen angewiesen ist, wird eher als von einem Gläubiger sonstiger Forderungen erwartet werden können, dass er sich zeitnah um die Anspruchsdurchsetzung kümmert. Soweit er untätig bleibt, wird sein Verhalten regelmäßig den Eindruck erwecken, nicht bedürftig zu sein. Weiter kommt hinzu, dass Unterhaltsrückstände rasch zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen können, durch die die Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Begleichung des laufenden Unterhalts gefährdet werden kann. In rechtlicher Hinsicht ist – jedenfalls im Allgemeinen – schließlich zu berücksichtigen, dass ...