I. Einleitung
Schulden machen ist nicht unehrenhaft. Der Staat macht es uns vor. Und will man irgendwann im Leben beispielsweise eine Immobilie sein Eigen nennen, bleibt einem zumeist gar nichts anderes übrig, will man nicht das Haus erst am Ende seines Lebens beziehen.
Mit anderen Worten: Schulden sind üblich und bis zu gewissen Grenzen auch nichts, was unvernünftig oder unwirtschaftlich wäre. Das gilt heute in Zeiten niedriger Zinsen mehr denn je.
Dabei werden Kredite nicht nur für den Hauskauf, sondern auch für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs oder von Möbeln aufgenommen, nicht selten auch nur, um einen Sollsaldo auszugleichen, der sich mittlerweile auf dem Girokonto angesammelt hat.
Um sich einen weiteren Schuldner zu sichern, bestehen die Banken in der Regel darauf, dass Ehepaare die gemeinsame Haftung übernehmen, auch dann, wenn der eine von beiden Ehegatten keiner oder nur einer schlecht bezahlten Erwerbstätigkeit nachgeht.
Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang, dass auch der Mietvertrag über die eheliche Wohnung regelmäßig von beiden Ehegatten, und wenn sie nicht verheiratet sind, von beiden Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft unterzeichnet wird. Deshalb sind sie dem Vermieter gegenüber gleichfalls Gesamtschuldner. Nicht zuletzt haften Ehegatten im Fall gemeinsamer Veranlagung gemäß § 44 AO auch für Steuerschulden gesamtschuldnerisch.
Sind die Eheleute oder Partner Gesamtschuldner, haben sie nach außen beide für die volle Schuld einzustehen (§ 421 BGB). Der Gläubiger kann beide in voller Höhe auf Leistung in Anspruch nehmen. Kommt es zur Trennung oder Scheidung, stellt sich allerdings die Frage, wer von beiden die Schulden fortan bedienen muss. Dabei ist eine Differenzierung zwischen der Ehe und der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zumeist nicht erforderlich. Beide werden in Bezug auf Gesamtschulden gleichbehandelt. Die nachfolgend dargestellten Fälle beziehen sich deshalb teilweise auch auf die Ehe und teilweise auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft, ohne dass diesseits noch eine Differenzierung vorgenommen wird.
II. Die Gesamtschuld während des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft
Während des Bestehens der ehelichen oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellen finanzielle Leistungen eines Ehegatten und die Haushaltsführung eines anderen grundsätzlich gleichwertige Beiträge zur Lebensgemeinschaft dar. Übernimmt also etwa ein Ehegatte, der über eigenes Einkommen verfügt, die Zins- und Tilgungsleistungen für einen gemeinsam aufgenommenen Kredit, während der andere den Haushalt führt, stellen Zahlungen und Haushaltsführung gleichwertige Beiträge zur ehelichen Lebensgemeinschaft dar, so dass für die während des Zusammenlebens erbrachten Leistungen kein Ausgleich beansprucht werden kann. Das Ausgleichsverhältnis wird unabhängig vom gewählten Güterstand durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert. Das gilt auch dann, wenn die Gemeinschaft beendet ist und Ansprüche rückwirkend geltend gemacht werden sollen.
Nichts anderes gilt, wenn beide Ehegatten über Einkommen verfügen. Insbesondere führt das nicht dazu, dass etwa eine Ausgleichspflicht zwischen ihnen entsprechend der Relation der beiderseitigen Einkünfte oder der Höhe des beiderseitigen Vermögens bestände. Das Gesamtschuldverhältnis wird auch dann durch die eheliche Lebensgemeinschaft und das darin bestehende Verrechnungsverbot überlagert.
III. Die Gesamtschuld nach Trennung und Scheidung
Nach dem Scheitern der Ehe und der Aufhebung der Lebensgemeinschaft ist das Gegenseitigkeitsverhältnis, das es gerechtfertigt hat, den Ehegatten von der Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 1 BGB zu befreien, aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt entfällt also der Grund dafür, von einer Inanspruchnahme des anderen Ehegatten abzusehen, so dass jetzt, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalles etwas anderes ergibt, Ausgleichsansprüche bestehen können. Das gilt allerdings nach wie vor nicht für die vor der Trennung entstandenen.
Streitig ist, wann der Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe anzunehmen ist. Während einerseits vertreten wird, es sei auf den Tag der Stellung des Scheidungsantrages abzustellen, geht die wohl herrschende Meinung zu Recht davon aus, dass der Tag der Trennung maßgeblich ist. Denn mit der Trennung entfällt das Gegenseitigkeitsverhältnis, das es gerechtfertigt hat, den Ehegatten nicht in Anspruch zu nehmen. Diese Auffassung erscheint auch angesichts des Umstandes überzeugender, dass der Trennungszeitpunkt häufig nicht einfach festzustellen ist. Da aber derjenige, der den Ausgleichsanspruch für sich reklamiert, die Voraussetzungen hierfür darzulegen und zu beweisen hat, geht dieser Umstand dann eben zu seinen Lasten.
Mit der Änderung der Verhältnisse, also mit dem Scheitern der Ehe – nach diesseits für richtig gehaltener Meinung mit der Trennung –, lebt der Ausgleichsanspruch sogleich auf. Anders als etwa der aus § 745 Abs. 2 BGB folgende Anspruch auf Neuregelung der Nutzung und Verwaltung des Miteigent...