Die Verbesserung familiengerichtlicher Verfahren soll auch durch eine Professionalisierung der anderen Akteure erreicht werden. Ebenso wie bei der Einführung der Mindestqualifikationen von Sachverständigen erhofft sich das Gesetz besseren Kinderschutz dadurch, dass die Verfahrensbeistände künftig eine Qualifikation mitbringen müssen, die sie für ihre verantwortungsvolle Aufgabe benötigen. Der ab dem 1. 7. 2021 geltende § 158a FamFG schreibt für die fachliche Qualifikation im Sinne des § 158 Abs. 1 FamFG "Grundkenntnisse auf den Gebieten des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Verfahrensrechts in Kindschaftssachen und des Kinder- und Jugendhilferechts, sowie Kenntnisse der Entwicklungspsychologie des Kindes und Kenntnisse über kindgerechte Gesprächstechniken"“ vor. Auf Verlangen des Gerichts sind die Kenntnisse nachzuweisen, als geeigneter Nachweis gilt eine sozialpädagogische, pädagogische, juristische oder psychologische Berufsqualifikation sowie eine für die Tätigkeit als Verfahrensbeistand spezifische Zusatzqualifikation. Für den Verfahrensbeistand gilt künftig eine Pflicht zur regelmäßigen Fortbildung, § 158a Abs. 3 FamFG.
Damit entspricht der Gesetzgeber Forderungen, die so alt sind wie das Amt des bis 2009 noch Verfahrenspfleger genannten "Anwalt des Kindes". Das längst fällige Anforderungsprofil wird verhindern, dass Quereinsteiger aus den unterschiedlichsten, völlig fachfremden Berufen zu Verfahrensbeiständen bestellt werden, die weder Kompetenzen in Kinderpsychologie mitbringen noch das juristische Rüstzeug, das in Kinderschutzverfahren elementar für die Wahrnehmung der kindlichen Interessen ist. Neben Kenntnissen der Kinderpsychologie muss ein Mindestmaß an rechtlichen Kenntnissen vorhanden sein, denn wenn etwa Verfahrensbeistände mit pädagogischer Ausbildung beispielsweise nicht dazu in der Lage sind, ein Rechtsmittel in der gebotenen Art und Weise einzulegen, können sie die Interessen eines Kindes nicht adäquat wahrnehmen. Auch Anwälte sieht der Gesetzgeber nicht mehr als ohne weiteres als zur Übernahme der Aufgaben eines Verfahrensbeistandes geeignet an. Auch sie müssen künftig ihre Kenntnisse in Kinderpsychologie und Gesprächsführung mit Kindern belegen können.
Darüber hinaus konkretisiert das Gesetz nun die "persönliche" Eignung der Verfahrensbeistände. Sie fehlt insbesondere, wenn eine strafrechtliche Verurteilung wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht, aus dem Bereich der Sexualstraftaten (einschließlich der Verbreitung von Bildaufnahmen nackter Kindern), Misshandlung von Schutzbefohlenen, Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Kinderhandel vorliegt. Das Familiengericht soll diesbezüglich die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a BZRG verlangen, das nicht älter als drei Jahre sein darf, § 158a Abs. 2 FamFG.
Die Regelungen zur Qualifikation des Verfahrensbeistandes treten nach Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt erst am 1.1.2022 in Kraft, was den bislang als Verfahrensbeiständen tätigen Personen die Gelegenheit geben soll, etwaige Nachweise zur Qualifikation nachreichen zu können. Warum diese lange Übergangsfrist auch für die Vorschriften gewählt wurde, nach denen eine persönliche Eignung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten nicht mehr angenommen werden kann, erläutert der Gesetzentwurf nicht. In den Reihen der nicht zertifizierten Verfahrensbeistände gleich welcher Provenienz mehren sich nun die Fragen, wie streng welche Familiengerichte künftig mit der Nachweispflicht umgehen werden. Da auch hier ein weiter Ermessensspielraum erkennbar ist, wird nicht jeder altgediente Verfahrensbeistand damit rechnen müssen, bei fehlendem Nachweis der Qualifikation von Aufträgen entbunden zu werden bzw. nicht neu beauftragt zu werden. Soll aus dem "law in the books" aber "law in action" werden, müssen die Familiengerichte demnächst standardmäßig geeignet die Qualifikation abfragen.
Die Bestellung eines Verfahrensbeistandes soll nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 158 Abs. 1 S. 2 FamFG so früh wie möglich erfolgen, sie ist in Kinderschutzverfahren nach §§ 1666, 1666a BGB, bei möglichen Umgangsausschlüssen und bei Verbleibensanordnungen nach § 1632 Abs. 4 BGB und § 1682 BGB zwingend, § 158 Abs. 2 FamFG. Gleichzeitig werden die Pflichten konkretisiert und erweitert: So muss der Verfahrensbeistand künftig schriftlich Stellung nehmen (§ 158b Abs. 1 S. 2 FamFG) und das Kind geeignet über den Ausgang des Verfahrens informieren (§ 158b Abs. 1 S. 3 FamFG). Vor allem die Verpflichtung zur schriftlichen Stellungnahme – die der Qualität und Transparenz des Verfahrens zweifelsohne dienlich ist – stellt für Verfahrensbeistände eine beschwerliche Mehrbelastung dar, insbesondere wenn das Familiengericht dem Beschleunigungsgrundsatz gem. § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG folgt und daher binnen eines Monats nach Verfahrenseinleitung einen Termin anberaumt, bis zu dem die Stellungnahme vorliegen soll.
Neben die Qualitätsanforderungen und Aufgabenb...