1. Die Entscheidung betrifft eine im Zusammenhang mit Scheidungsverfahren häufige Konstellation: Die getrennt lebenden Ehegatten wollen sich hinsichtlich der Scheidungsfolgen einigen und lassen eine diesbezügliche umfassende notarielle Vereinbarung anfertigen. Später kommt es zu Meinungsverschiedenheiten; vertreten durch zwei Anwälte wird dann aber doch noch im Verfahren eine Vereinbarung geschlossen, die einen Teil des notariellen Vertragsentwurfes "erledigt", sodass dann lediglich noch ein Teil beurkundet wird. Vorliegend kommt noch eine zwischenzeitliche Amtsnachfolge im Notariat hinzu.
2. Unstreitig ist, dass für den gefertigten Entwurf Kosten angefallen sind. Die Gebühr für eine Beurkundung entsteht nämlich bereits mit dem Antrag an den Notar, das Beurkundungsverfahren durchzuführen (GNotKG KV Vorbem. 2.1 Abs. 1). Kommt es später zu keiner Beurkundung, regeln diesen Fall die Gebührentatbestände Nrn. 21300–21302 GNotKG KV.
3. Die Frage, ob eine Entwurfsgebühr auf eine nachfolgende Beurkundung anzurechnen ist, regelt nicht GNotKG KV Vorbem. 2.4.1. Abs. 6. Diese Vorschrift betrifft nur die Anrechnung, wenn zunächst ausschließlich eine Entwurfsfertigung gewollt war und aufgrund eines neuen Entschlusses dann später doch eine Beurkundung erfolgen soll; es geht somit bei dieser Vorschrift um die Erstellung von Entwürfen außerhalb eines Beurkundungsverfahrens. Gebühren nach den Nrn. 24100 ff. GNotKG KV entstehen dagegen nicht, wenn der Entwurfsauftrag im Rahmen eines (geplanten) Beurkundungsverfahrens erfolgt. Hierfür sind nach den Nrn. 21100 ff. GNotKG KV Gebühren zu erheben, die sich bei vorzeitiger Beendigung des Beurkundungsverfahrens nach den vorgenannten Vorschriften ermäßigen. Ist der Notar zunächst überzeugt, dass mit der Beurkundung des vorbereiteten Entwurfs nicht mehr zu rechnen ist, endet das Beurkundungsverfahren. Findet dann doch auf der Grundlage des vorbereiteten Entwurfs eine Beurkundung statt, ist die Gebühr für den Entwurf auf die Gebühr für das Beurkundungsverfahren anzurechnen, wenn das Beurkundungsverfahren durch denselben Notar und von diesem demnächst nach Fertigung des Entwurfs durchgeführt wird (GNotKG KV Vorbem. 2.1.3 Abs. 2).
a) Die Beurkundung muss somit in einem angemessenen zeitlichen Rahmen nach Entwurfsfertigung erfolgen. Hiervon wird nach GNotKG KV Vorbem. 2.1.3. Abs. 1 S. 2 bei einem Zeitraum von bis zu sechs Monaten ausgegangen. Dies schließt allerdings einen längeren Zeitraum bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte nicht aus. Diese sind bei Scheidungsverfahren wegen des Scheidungsverbundes und im vorliegenden Fall zusätzlich aufgrund der schriftlichen "Erinnerung" der Beteiligten durch den Urkundsnotar zu bejahen. Zudem soll auch nach Ablauf des Sechs-Monats-Zeitraums die Anrechnung der Gebühren auf das spätere Verfahren unberührt bleiben (Korintenberg/Diehn, GNotKG, 22. Aufl. 2022, Vorbemerkung 2.1.3. Rn 27).
b) Voraussetzung der Anrechnung ist ferner, dass die Beurkundung auf der Grundlage des Entwurfs erfolgt, dieser also in seinen wesentlichen Teilen verwendet wird. Sowohl hinsichtlich der Urkundsbeteiligten als auch hinsichtlich der beurkundeten Erklärungen darf das beurkundete Rechtsgeschäft nicht grundlegend vom Entwurf abweichen (vgl. Notarkasse AdöR, Streifzug durch das GNotKG, 13. Aufl. 2021, Rn 764 f.). Ein Abweichen liegt nur dann vor, wenn ein gänzlich anderes Rechtsgeschäft beurkundet wird, als in dem Entwurf enthalten war. Beispiele hierfür sind die Beurkundung einer Verfügung von Todes wegen anstelle des vorbereiteten Überlassungsvertrages sowie eines Formwechsels statt einer Verschmelzung (vgl. Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Bormann, GNotKG, 4. Aufl. 2021, Vorb. 2.4.1 KV Rn 8). Dagegen ist unproblematisch von der Beurkundung aufgrund des ursprünglichen Entwurfs auszugehen, wenn die beurkundete Erklärung bereits im Wesentlichen in dem Entwurf enthalten war, also zumindest ein Teil der vorbereiteten Urkunde später beurkundet wird. Darüberhinausgehend soll es sogar genügen, wenn das Beurkundungsverfahren maßgeblich durch die vorangegangene Beratung geprägt wurde (Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Neie, GNotKG, 4. Aufl. 2021, Vorb. 2.1.3 KV Rn 15). Auch insoweit bestehen im vorliegenden Fall, in dem ein Teil der ursprünglich vorbereiteten Urkunde verwendet wurde und sich nur die Gegenleistung geringfügig geändert hat, keine Bedenken.
c) Bei einem Amtsträgerwechsel kommt es schließlich darauf an, ob es sich um denselben Notar handelt, der den Entwurf gefertigt und später die Beurkundung vorgenommen hat. GNotKG KV Vorbem. 2.1 Abs. 1 stellt in Fällen, in denen kostenrechtlich ein bestimmter Notar eine Beurkundung vornehmen muss, diesem Notar den Aktenverwahrer (§ 51 BNotO), den Notariatsverwalter (§ 56 BNotO), den Sozius des Notars oder den Notar, mit dem Geschäftsräume gemeinsam genutzt werden, gleich. Dies betrifft auch die Abrechnung der "Entwurfsgebühr" auf die Beurkundungsgebühr. Der Amtsnachfolger des Notars, der die ursprüngliche Gebühr abgerechnet hat, ist auch der Kostenglä...