Nach § 68 Abs. 5 FamFG finden § 68 Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 S. 1 keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
1. die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a BGB,
2. der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 BGB oder
3. eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 oder § 1682 BGB.
In diesen Verfahren muss nunmehr rechtlich zwingend im Beschwerdeverfahren eine Anhörung aller Beteiligten stattfinden. Folge einer unterbliebenen Anhörung ist, dass die Entscheidung jedenfalls einfachrechtlich verfahrensfehlerhaft ist. Daraus ergibt sich aber selbst in Ausgangsverfahren, in denen wegen Art. 6 Abs. 3 GG (Trennung) ein strenger Kontrollmaßstab gilt, nicht durchgängig ein Verfassungsverstoß. Es liegen erste, Ausgangsverfahren nach neuem Recht betreffende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vor, in denen mögliche Verfassungsverstöße geprüft worden sind, die aus der Verletzung der reformierten Verfahrensregelungen für das Beschwerdeverfahren nach § 68 Abs. 3 bis 5 FamFG resultieren können.
So kommt vor allem eine Verletzung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG unter dem Aspekt unzureichender Sachverhaltsaufklärung in Betracht. Allerdings muss auch insoweit eine (mögliche) Verletzung von Verfassungsrecht entscheidungserheblich sein. Das wird regelmäßig nicht der Fall sein, wenn von Aufklärungsmaßnahmen (etwa persönlichen Anhörungen), die nunmehr fachrechtlich vorgegeben sind, im Einzelfall ersichtlich kein Erkenntnisgewinn zu erwarten war. Selbst bei strenger verfassungsrechtlicher Prüfung (Konstellationen des Art. 6 Abs. 3 GG) muss dann aus der Verletzung des auf die Sachverhaltsaufklärung bezogenen Fachrechts nicht zwingend ein durchgreifender Verstoß gegen das Elternrecht vorliegen, weil es sich bei fehlendem Erkenntnisgewinn jedenfalls nicht um einen "deutlichen Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts" (zum Kriterium oben III.2.c.cc) handelt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Kammerentscheidungen aus der jüngeren Zeit betont, dass der Verzicht auf fachrechtlich vorgesehene persönliche Anhörungen in Sorgerechtsangelegenheiten dann mit Verfassungsrecht in Einklang stehen, wenn er mit dem Zweck der betroffenen Anhörungsregelung vereinbar ist und wenn das Fachgericht ansonsten eine zuverlässige Tatsachengrundlage für eine am Wohl des Kindes orientierte Entscheidung geschaffen hat. Die jüngste Entscheidung aus dieser Reihe, der Beschl. v. 13.7.2022, ist wiederum ein deutliches Beispiel für eine den Begründungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 S. 2, § 92 BVerfGG nicht genügende – anwaltlich begleitete – Verfassungsbeschwerde. Der beschwerdeführende leibliche Vater hatte nicht einmal hinreichend vorgetragen, rechtlicher Vater des betroffenen Kindes zu sein, machte aber eine Verletzung seines Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geltend. Dieses Recht steht aber lediglich dem rechtlichen Vater in vollem Umfang zu, während Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG dem lediglich leiblichen Vater allein einen Anspruch auf ein effektives Verfahren zur Erlangung der rechtlichen Vaterschaft einräumt. Zudem zeigte die Begründung der Verfassungsbeschwerde auch im Übrigen nicht anhand der einschlägigen verfassungsrechtlichen Maßstäbe die Möglichkeit einer Verletzung des Elternrechts auf; insbesondere eine lediglich von der des Oberlandesgerichts abweichende Anwendung des Fachrechts genügt dafür nicht.
In Betracht kam zudem die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Um diesem Anspruch im fachgerichtlichen Verfahren zu genügen, reicht die Gelegenheit zum schriftlichen Vortrag regelmäßig nicht, wenn eine mündliche Verhandlung von Gesetzes wegen stattzufinden hat. Unterbleibt eine solche, wird in der Regel nicht ausgeschlossen werden können, dass bei ihrer Durchführung eine andere Entscheidung ergangen wäre. Bei eindeutig fehlendem Erkenntnisgewinn fehlt es aber auch insoweit an der Entscheidungserheblichkeit.