Der Schutzanspruch des Kindes kann im äußersten Fall die Trennung des Kindes von der Familie gebieten. Voraussetzung ist, korrespondierend zu den Voraussetzungen des Eingriffs in das Elternrecht, eine nachhaltige Gefährdung des Kindeswohls. Diese liegt vor, wenn bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder sich eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Auch bei fachgerichtlichen Entscheidungen, bei denen der grundrechtliche Schutzanspruch des Kindes in Rede steht, muss das gerichtliche Verfahren geeignet und angemessen sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die vom Gericht anzustellende Prognose über die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu erlangen. Die erforderlichen Ermittlungen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung muss nachvollziehbar begründet werden, warum eine solche Gefahr nicht vorliegt. Insbesondere bei einem Abweichen von Einschätzungen von Sachverständigen oder anderen beteiligten Fachkräften muss die Entscheidung auf eine andere verlässliche Grundlage gestellt und diese in einer eingehenden Begründung offengelegt werden. Die Ablehnung einer Trennung des Kindes von der Familie, obwohl Anhaltspunkte für eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung vorliegen, unterliegt ebenfalls strenger verfassungsgerichtlicher Kontrolle. Sie erstreckt sich – wie bei Entscheidungen, die eine Trennung des Kindes von seinen Eltern herbeiführen – auch auf einzelne Auslegungsfehler und auf deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts.[27]

Das Bundesverfassungsgericht überprüft in den unter bb) und cc) behandelten Konstellationen die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene fachgerichtliche Entscheidung tiefgehend, insbesondere, ob die Kindeswohlgefährdung nachvollziehbar begründet worden ist und die Feststellungen auf einer tragfähigen Grundlage beruhen, mildere Maßnahmen hinreichend berücksichtigt und mit nachvollziehbarer Begründung abgelehnt worden sind, die Umstände des Einzelfalls umfassend berücksichtigt und angemessen gewürdigt worden sind, der Sachverhalt umfassend und ohne deutliche Fehler (z.B. unkritische Verwertung fehlerhafter Gutachten, nicht nachvollziehbare Würdigung einzelner Erkenntnisse) ermittelt worden ist und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten worden ist.

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