Das Bundesverfassungsgericht ist ein Bürgergericht. Sein dementsprechendes Selbstverständnis gründet auf den rechtlichen Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger, sich mittels Verfassungsbeschwerde (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG) mit ihren Anliegen an das Gericht wenden zu können, und der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten. Seit langem gehen jährlich stets mehr als 5.000 Verfassungsbeschwerden, in manchen Jahren weit über 6.000 beim Gericht ein. In den konstant hohen Eingängen von Verfassungsbeschwerden dürfte ein erfreulicherweise ungebrochenes Vertrauen in das Gericht zum Ausdruck kommen, über die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger zu wachen. Dieses Vertrauen scheint nicht abhängig von der Erfolgsquote von Verfassungsbeschwerden zu sein, die ebenfalls seit langem recht konstant bei lediglich knapp zwei Prozent liegt. Es dürfte aber bereits das Wissen darum genügen, sich gegen jeden Akt der öffentlichen Gewalt an das Bundesverfassungsgericht wenden zu können, um das Gericht als das wahrzunehmen, was es ist, ein Bürgergericht.
Der nachfolgende Beitrag stellt – unter Ausklammerung von unmittelbar gegen gesetzliche Regelungen gerichtete sogenannten Rechtssatzverfassungsbeschwerden (vgl. § 93 Abs. 3 BVerfGG) – die Verfassungsbeschwerde als grundsätzlich allen eröffneten Zugang zum Bundesverfassungsgericht näher vor. Er zielt zum einen darauf ab, die Besonderheiten der Verfassungsbeschwerde gegenüber Rechtsmitteln und -behelfen des Fachrechts (etwa Beschwerde, Berufung oder Revision) aufzuzeigen. Dabei geht es darum zu verdeutlichen, dass die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts allein die Prüfung von Verfassungsrecht ist und sie nicht darin besteht, zu überprüfen, ob die Fachgerichte das Fachrecht ohne Rechtsfehler ausgelegt und angewendet haben. Dies in Erinnerung zu rufen, erscheint schon deshalb angezeigt, weil die Lektüre einer Vielzahl von Verfassungsbeschwerden zeigt, dass ihre Begründungen sich in einer Fortsetzung des fachgerichtlichen Rechtsstreits erschöpfen, ohne die Möglichkeit der Verletzung von Verfassungsrecht in einer nachvollziehbaren Weise aufzuzeigen. Das führt nahezu unweigerlich zum Misserfolg der Verfassungsbeschwerde. Angesichts dessen werden zum anderen die Anforderungen die Begründungen von Verfassungsbeschwerden (vgl. § 23 Abs. 1 S. 2, § 92 BVerfGG) sowie allgemeine Zulässigkeitserfordernisse näher vorgestellt. Die Erfahrung lehrt, dass eine durchaus beträchtliche Zahl von Verfassungsbeschwerden gerade dem nicht genügt. Der Beitrag zeigt daher in geraffter Form vor allem auf, welche Anforderungen das Bundesverfassungsgericht als Teil der Zulässigkeit an die Begründung von Verfassungsbeschwerden stellt (II.). Wie sich dies für das Familienrecht betreffende Verfassungsbeschwerden auswirkt und nach welchen verfassungsrechtlichen Maßstäben über sie entschieden wird, ist Gegenstand der beiden Hauptteile des Beitrags (III.1. bis 3.). Ein knappes Fazit schließt ihn ab (IV.).