Eine krankheitsbedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit befreit nicht ohne weiteres von jeglicher Erwerbsobliegenheit, vielmehr ist die Restarbeitsfähigkeit in zumutbarem Umfang bestmöglich auszunutzen. Auch bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI) bleibt eine geringfügige Beschäftigung möglich. Bezieht der Unterhaltsschuldner Transferleistungen nach dem SGB II, ist in der Regel davon auszugehen, dass er gesundheitlich jedenfalls in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Vortragslast bei behaupteter krankheitsbedingter Erwerbseinschränkung ist hoch. Zudem besteht die Obliegenheit, sich einer zumutbaren medizinischen Behandlung zur Wiederherstellung der Arbeitskraft zu unterziehen, andernfalls kann erzielbares Einkommen fiktiv angerechnet werden, weil die Erwerbsunfähigkeit leichtfertig aufrechterhalten wird.
Eine Erstausbildung gehört zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen, den er auch bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern vorrangig decken darf. Sind allerdings schon mehrere Ausbildungen abgebrochen worden, wird auch eine Erstausbildung nicht mehr privilegiert. Hat sich der Unterhaltspflichtige in der Vergangenheit stets auf ungelernte Tätigkeiten beschränkt und entschließt er sich erst später zur Aufnahme einer Berufsausbildung, ist zu prüfen, ob es ihm nicht zuzumuten ist, die nunmehr angestrebte Ausbildung zu verschieben und ihre Aufnahme so lange zurückzustellen, bis die Kinder nicht mehr unterhaltsbedürftig sind oder mit einem etwaigen reduzierten Unterhalt, den der Pflichtige auch während der Ausbildung zu leisten vermag, ihr Auskommen finden. Zu prüfen ist auch, aus welchem Grund die Erstausbildung gerade jetzt aufgenommen wird und welchen Einfluss sie auf die künftige Leistungsfähigkeit haben wird. Eine Zweitausbildung oder Weiterbildung muss regelmäßig hinter den Interessen des Unterhaltsberechtigten zurückstehen.
Grundsätzlich darf sich auch kein Unterhaltspflichtiger seinen Unterhaltspflichten dadurch entziehen, dass er eine neue Familie gründet, keiner Erwerbstätigkeit (mehr) nachgeht und sich allein auf die Haushaltsführung und ggfs. die Kinderbetreuung in der neuen Ehe beschränkt (Hausmannrechtsprechung). Diesen Rollentausch gestattet der BGH nur unter engen Voraussetzungen, insbesondere wenn der Unterhaltspflichtige früher den Familienunterhalt durch Erwerbstätigkeit sichergestellt hat. Erforderlich hierfür ist, dass die Übernahme der Haushaltsführung durch den Unterhaltspflichtigen und die Erwerbstätigkeit des neuen Ehegatten zu einer wesentlich günstigeren Einkommenssituation der neuen Familie führt, so dass es nicht ausreicht, dass die Rollenwahl lediglich wirtschaftlich oder aus sonstigen Gründen vernünftig ist. Ist die Rollenverteilung nicht hinzunehmen, bleibt der Unterhaltspflichtige zu einer Erwerbstätigkeit im früheren Umfang verpflichtet und ein dementsprechendes Einkommen wird fiktiv zugerechnet.
Beim Einwand der Leistungsunfähigkeit wegen hohen berufsbedingten Aufwands ist zu beachten, dass notwendige Fahrtkosten zur Arbeitsstelle oder für berufsbedingte Reisen zwar abzugsfähig sind, soweit der Arbeitgeber sie nicht erstattet, aber grundsätzlich nur in Höhe der Kosten für die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel. Insbesondere wenn die Verhältnisse beengt sind, muss der Unterhaltspflichtige dartun und beweisen, dass er seine Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nicht mit zumutbarem Zeitaufwand erreichen kann oder dass er das Fahrzeug für seine Berufstätigkeit benötigt, es sei denn, der angemessene Bedarf des Berechtigten ist gedeckt, die Pkw-Nutzung war stets üblich und die Kosten nehmen keinen übermäßig großen Teil des Einkommens in Anspruch. Kann schon der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder nicht aufgebracht werden, besteht grundsätzlich Anlass zur Prüfung, ob der Unterhaltspflichtige nach den Umständen des Einzelfalls trotz eines deutlich höheren Zeitaufwands auf die Verwendung günstigerer öffentlicher Verkehrsmittel zu verweisen ist oder ob ihm bei kürzeren Fahrtstrecken sogar die überwiegende Benutzung des Fahrrads für den Weg zur Arbeitsstätte zugemutet werden kann.
Hohe Umgangskosten dürfen zwar nicht dazu führen, dass der Mindestkindesunterhalt nicht mehr bezahlt wird, nach der Rechtsprechung des BVerfG darf aber das Unterhaltsrecht dem umgangsberechtigten Unterhaltspflichtigen auch nicht die Möglichkeit nehmen, sein Umgangsrecht zum Wohl des Kindes und entsprechend seiner Verpflichtung hierzu auszuüben. Dies hat dazu geführt, dass der BGH angemessene Umgangskosten des Barunterhaltspflichtigen mit seinem Kind für anerkennungsfähig erklärt hat, wenn diese nicht anderweitig aufgebracht werden können. In diesem Fall können die Umgangskosten zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts bzw. entsprechenden Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen.