Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners gehört grundsätzlich zur Begründung des Anspruchs, so dass es Sache des Berechtigten ist, sie darzulegen und zu beweisen. Dennoch trägt der Unterhaltspflichtige, der sich auf eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit beruft, hierfür die Darlegungs- und Beweislast (§§ 1581, 1603 BGB). So muss bei schuldhaft herbeigeführter Leistungsunfähigkeit der Berechtigte die Verantwortungslosigkeit bzw. Leichtfertigkeit des Pflichtigen darlegen, wobei der Vortrag genügen kann, die Arbeit sei ohne hinreichenden Grund aufgegeben worden. Diese Angaben des Unterhaltsberechtigten muss der Pflichtige substantiiert bestreiten und dem Berechtigten obliegt es sodann, den Beweis dafür zu führen, dass die vom Pflichtigen behaupteten Gründe nicht zutreffen. Den Unterhaltspflichtigen trifft zudem die Beweislast für seine hinreichenden Bemühungen zum Erhalt einer neuen Arbeitsstelle. Dazu muss er nachprüfbar vortragen, was er im Einzelnen unternommen hat, um einen Arbeitsplatz zu finden, d.h. wann und bei wem er sich beworben hat. Für den Nachweis erfolgloser Erwerbsbemühungen genügt es jedoch nicht, wenn nur ins Blaue hinein gerichtete Bewerbungsschreiben vorgelegt werden, die gänzlich uninspiriert abgefasst sind und kein wirkliches Interesse an einer Tätigkeit bei gerade diesem Arbeitgeber erkennen lassen. Dabei kann er die Zeit für die Stellensuche nutzen, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufwendet, so dass durchaus 20 Bewerbungen und mehr pro Monat erwartet werden. Wichtiger als die Anzahl ist allerdings die Qualität der Bewerbungen und ihre Aussagekraft. Bewerbungsschreiben und Absagen sind im Verfahren vorzulegen, damit die Ernsthaftigkeit beurteilt werden kann.
Wer sich gegenüber seiner Erwerbsobliegenheit auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit beruft, muss Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen oder Leiden angeben und hat ferner darzulegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf seine Erwerbsfähigkeit auswirken. Aus den vorgelegten Attesten muss sich schlüssig ergeben, dass wegen gesundheitlicher Beeinträchtigung keine unbeschränkte Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Zudem muss vom Unterhaltspflichtigen auch dargelegt und nachgewiesen werden, was er unternommen hat, um seine Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen.
Gleiches gilt für Notwendigkeit und Höhe etwaiger berufsbedingter Aufwendungen, die vom Unterhaltsschuldner substantiiert darzulegen sind, so dass bei Geltendmachung von Pkw-Kosten vorzutragen ist, dass die Benutzung von billigeren öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Soweit sich ein Unterhaltsschuldner auf erhöhte Wohnkosten beruft und damit auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit, hat er darzulegen und zu beweisen, dass er (ggf.) seiner Obliegenheit zur Beantragung von Wohngeld, aber auch zur Suche nach einer günstigeren Ersatzwohnung nachgekommen ist. Bei Verbindlichkeiten, die der Pflichtige berücksichtigt wissen will, trifft ihn schließlich die Darlegungs- und Beweislast nicht nur für Zeitpunkt, Notwendigkeit und Höhe der Verbindlichkeit, sondern auch für deren tatsächliche Rückführung. Verbindlichkeiten, die nicht bedient werden, bleiben unberücksichtigt.
Autor: Prof. Dr. Isabell Götz, Vorsitzende Richterin am OLG a.D., München
FF 11/2023, S. 442 - 452