Betroffene Kinder sind nach § 159 Abs. 1 FamFG grundsätzlich in allen Kindschaftssachen persönlich anzuhören. Daher ist die persönliche Anhörung des Kindes auch in den Fällen des § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB, 155a Abs. 3 S. 1 FamFG nicht entbehrlich. Gleiches gilt in Verfahren betreffend das Umgangsrecht eines sozialen Vaters nach § 1685 Abs. 2 BGB. Auch hier ist das Kind persönlich anzuhören. Die notwendige Kindesanhörung gilt auch im einstweiligen Anordnungsverfahren, § 51 Abs. 2 S. 1 FamFG. Nach § 51 Abs. 3 S. 2 FamFG kann im Hauptsacheverfahren von einzelnen Verfahrenshandlungen abgesehen werden, wenn diese bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift wird angenommen, dass eine bereits im Hauptsacheverfahren erfolgte Anhörung im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht wiederholt werden muss. Die Pflicht zur Kindesanhörung bezieht sich ebenfalls auf die Verfahren, die vom Rechtspfleger geführt werden. Denn es wird in der Vorschrift des § 159 FamFG nicht nach der funktionalen Zuständigkeit differenziert.
Die persönliche Anhörung eines Kindes vor einem Richter oder Rechtspfleger muss unmittelbar mündlich erfolgen. Schriftlich oder telefonisch durchgeführte Anhörungen reichten nicht aus, weil sie nicht visuell und auditiv erfolgt sind. Es fehlt die gleichzeitige Anwesenheit der Gesprächspartner.
Die Anhörungspflicht des Kindes ist unabhängig von seinem Alter. Der Gesetzgeber hielt eine Unterscheidung nach dem Kindesalter im Hinblick darauf für nicht erforderlich, dass die Fähigkeiten eines Kindes, einen eigenen Willen zu entwickeln und im Verfahren zum Ausdruck zu bringen, individuell verschieden und nicht vom Alter des Kindes abhängig sind. Unbeschadet dessen entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Kinder in einem ihre Person betreffenden Verfahren jedenfalls bereits ab einem Alter von drei Jahren persönlich anzuhören sind.
Auch die Corona-Pandemie bot zumindest bei Kindern über sechs Jahre keinen Anlass, in einer Kindschaftssache auf die Anhörung des Kindes zu verzichten.
Die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, ihr Kind zu einem gerichtlichen Anhörungstermin zu bringen. Sollten sie sich weigern, so kann die nach § 159 FamFG vorgeschriebene Anhörung mit einem gegen die Eltern gerichteten Zwangsgeld nach § 35 Abs. 1 S. 1 FamFG (nicht Ordnungsmittel!) durchgesetzt werden. Im Falle der Nichtbeitreibung des Zwangsgeldes kann das Familiengericht Zwangshaft nach § 35 Abs. 1 S. 2 FamFG anordnen. Sollte hingegen das Kind sich weigern zum Anhörungstermin zu erscheinen, so kann es unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 S. 3 FamFG polizeilich vorgeführt werden.
Unabhängig hiervon muss auch der Verfahrensbeistand die Möglichkeit haben, Gespräche mit dem Kind zu führen. Daher sollten die Eltern die persönliche Anhörung des Kindes durch den Verfahrensbeistand ermöglichen. Sind hingegen die Eltern hierzu nicht bereit, regelt der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von gewaltbetroffenen Personen im familiengerichtlichen Verfahren, zur Stärkung des Verfahrensbeistands und zur Anpassung sonstiger Verfahrensvorschriften in § 158d FamFG-E dies dadurch, dass das Gericht auf Antrag des Verfahrensbeistandes durch unanfechtbaren Beschluss anordnet, dass der Verfahrensbeistand das persönliche Gespräch mit dem Kind führen darf.
Die Anhörung hat grundsätzlich durch den erkennenden Richter selbst zu erfolgen. Denn er soll sich einen eigenen persönlichen Eindruck vom Kind verschaffen, um daraus Rückschlüsse auf dessen Neigungen, Bindungen und seinen Willen zu ziehen, wie es der Gesetzgeber in der Vorschrift des § 159 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FamFG formuliert hat. Allerdings ist ein Rechtshilfeersuchen zur Anhörung eines minderjährigen Kindes nicht ausgeschlossen. Es kommt aber wegen der Bedeutung des persönlichen Eindrucks nur ausnahmsweise in Betracht. Die Einhaltung der Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 FamFG durch den erkennenden Richter kann vom Oberlandesgericht wie es das OLG Bremen ausgeführt hat, "nicht im Verfahren nach § 159 GVG, sondern nur im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens gegen die der Anhörung folgende familiengerichtliche Entscheidung überprüft werden".
Im Ermessen des Familiengerichts liegt es, die nach § 159 FamFG notwendige Anhörung des Kindes einmal oder mehrmals durchzuführen. Diese Möglichkeit ergibt sich bereits aus § 159 Abs. 4 S. 4 FamFG, wonach die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts steht. Trotz dieser Gestaltungsfreiheit ist der Richter gehalten, das Kind über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise zu informieren, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind, § 159 Abs. 4 S. 1 FamFG. Diese richterliche Pfl...