Der Bundesgerichtshof hatte die Frage, ob im Rahmen des Betreuungsunterhalts und ggf. auch des sonstigen Ehegattenunterhalts von einem Mindestbedarf des Unterhaltsberechtigten auszugehen ist, in der Vergangenheit stets verneint. Nunmehr hat er in Anknüpfung an ein Urteil aus dem Jahre 2008 mit überzeugenden Argumenten einen Mindestbedarf für den Betreuungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt festgelegt. Wenn der Betreuungsunterhalt nach den §§ 1570, 1615 l Abs. 2 BGB gerade in den ersten Lebensjahren des gemeinsamen Kindes dessen Betreuung und Erziehung sichern soll, muss der betreuende Elternteil jedenfalls einen Unterhaltsanspruch haben, der es ihm ermöglicht, sich dem Kind zu widmen, ohne daran durch eine eigene Erwerbstätigkeit gehindert zu sein. Das ist aber nur dann der Fall, wenn ein Unterhalt gezahlt wird, der wenigstens das Existenzminimum erreicht. Ist der Unterhaltspflichtige zur Zahlung des Mindestunterhalts nicht in der Lage, kann er sich allerdings auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen (§§ 1581, 1603 BGB).
Auch der Schutz minderjähriger Kinder spricht nicht gegen einen Mindestbedarf des betreuenden Elternteils. Zum einen steht nach der gesetzlichen Neufassung des § 1612a BGB seit Januar 2008 auch den minderjährigen Kindern ein Mindestunterhalt zu. Zum anderen hatte der Bundesgerichtshof schon in seiner Rechtsprechung zu Mangelfällen bei dem nach früherem Recht bestehenden Gleichrang zwischen den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder und Ehegatten (§ 1609 Abs. 2 BGB a.F.) Einsatzbeträge zugrunde gelegt, die dem Mindestunterhalt minderjähriger Kinder und dem notwendigen Selbstbehalt für Ehegatten entsprachen. Entscheidend ist aber, dass Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder nach § 1609 Nr. 1 BGB seit dem 1.1.2008 auch gegenüber den Ansprüchen auf Betreuungsunterhalt vorrangig sind und schon deswegen nicht mehr im Rahmen der Leistungsfähigkeit mit diesen konkurrieren.
Schließlich spricht auch der Grundsatz der Halbteilung nicht gegen einen Mindestbedarf beim Betreuungsunterhalt. Denn über den Selbstbehalt verbleibt dem Unterhaltspflichtigen stets ein Teil seines Einkommens, dessen Höhe zwar von der Art seiner Unterhaltspflicht abhängt, der den nur geringfügig über dem Sozialhilfesatz pauschalierten Mindestbedarf aber nicht unterschreitet. Vielmehr muss dem Unterhaltspflichtigen nach der Rechtsprechung des BGH auch gegenüber dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt stets ein Selbstbehalt verbleiben, der zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegt und zurzeit regelmäßig ([1.450 + 1.750) / 2 =) 1.600 EUR beträgt.
Mit der Annahme eines Mindestbedarfs im Rahmen des § 1615l BGB steht der nicht verheiratete betreuende Elternteil auch nicht besser als ein betreuender Elternteil nach geschiedener Ehe. Denn soweit der Bundesgerichtshof für den Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB einen Mindestbedarf zur Sicherung des Existenzminimums geregelt hat, muss dies aus Gründen der Gleichbehandlung auch für den nachehelichen Betreuungsunterhalt und ebenso für die übrigen Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt gelten. Das hatte der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung zu § 1615l BGB ausgeführt. Inzwischen hat er dies ausdrücklich auf den Ehegattenunterhalt übertragen.
Im Rahmen der gebotenen Pauschalierung ist für einen Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums – wie beim nachehelichen Unterhalt – nicht auf den angemessenen Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen abzustellen. Der am Existenzminimum orientierte Mindestbedarf kann sich – wie beim Ehegattenunterhalt – lediglich nach dem Betrag richten, der einem nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen als notwendiger Selbstbehalt zur Verfügung steht und gegenwärtig nach der Düsseldorfer Tabelle und den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte (Ziff. 21.2) 1.200 EUR beträgt.