Eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung der §§ 10, 16 VersAusglG kommt im Wesentlichen durch den Abschluss von Vereinbarungen in Betracht, §§ 6 ff. VersAusglG. Dafür sollte zunächst bedacht werden, welche hohe Qualität die Beamtenversorgung bietet. Deshalb darf mit ihr nicht leichtfertig umgegangen werden. Ferner ist zu bedenken, dass der Beamte vielfach nur qualitativ und u.U. auch quantitativ geringerwertige Anrechte als die ihm gekürzte Beamtenversorgung erhalten wird. Dabei kann für den Beamten vor allem von Nachteil sein, dass er in Höhe des Ausgleichswerts auch seine Dienstunfähigkeitsabsicherung verliert, während er seinerseits aus den ihm übertragenen Anrechten vielfach keine entsprechende Invaliditätsabsicherung beziehen kann. Erhält der Beamte von dem anderen Ehegatten z.B. ein Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen, kann der Beamte daraus eine Invaliditätsversorgung nur unter besonderen Voraussetzungen erlangen, die Beamte regelmäßig nicht erfüllen (vgl. § 43 SGB VI: drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung).
Damit liegt es nahe, dass der den Beamten vertretende Berater praktisch stets auf den Abschluss einer Vereinbarung drängen sollte, um seinem Mandanten dessen Beamtenanrechte möglichst weitgehend zu erhalten. In gewissen Fallkonstellationen mag sogar ein Anspruch des Beamten auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung in Betracht zu ziehen sein.
Nachfolgend werden einige typische Fallkonstellationen dargestellt.
Praxistipp:
Der Rechtsanwalt muss dafür Sorge tragen, dass die zugunsten seines Mandanten sprechenden rechtlichen Gesichtspunkte möglichst umfassend berücksichtigt werden. Dies setzt auch die Prüfung möglicher Vereinbarungen voraus. Hat der Rechtsanwalt den Mandanten pflichtwidrig nicht über die Möglichkeit einer Vereinbarung mit dem Ehepartner zum Versorgungsausgleich belehrt, kann dies einen Schadensersatzanspruch auslösen.
I. Ein Ehegatte ist Landesbeamter/-richter, ein Ehegatte gesetzlich versichert
Verheiratete Paare, von denen ein Ehegatte Landesbeamter und der andere Ehegatte gesetzlich rentenversichert ist, treten in der Praxis häufig auf. Diese Konstellation bietet in mehrfacher Hinsicht Anlass für eine umfassende Beratung des Beamten.
Beispiel:
Olav (= O) und Petrina (= P) lassen sich scheiden. Der O ist Beamter des Landes Brandenburg und hat ein ausgleichspflichtiges landesbeamtenrechtliches Anrecht erworben, dessen Ausgleichswert 700 EUR Monatsrente (korrespondierender Kapitalwert: rd. 150.000 EUR) beträgt. Die P hat ein ausgleichspflichtiges Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, dessen Ausgleichswert 5 Entgeltpunkte (korrespondierender Kapitalwert rd. 30.000 EUR) beträgt.
Die Versorgungsanrechte des Ehemanns sind nach § 16 Abs. 1 VersAusglG extern zu teilen (vgl. oben B II.); er gibt damit 700 EUR seiner Pensionsansprüche ab. Von der P erhält der O im Gegenzug Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen, aus denen er eine Altersrente beziehen kann. Eine teilweise Verrechnung der beiderseitigen Anrechte nach § 10 Abs. 2 VersAusglG durch die Versorgungsträger scheidet aus, weil Anrechte der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gleichartig i.S.d. § 10 Abs. 2 VersAusglG sind.
Diese gesetzliche Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den §§ 10 ff. VersAusglG stellt sich aus Sicht des O als sehr nachteilig dar, weil
▪ |
die dem O entzogene Altersversorgung aus der Beamtenversorgung qualitativ höherwertiger als die der gesetzlichen Rentenversicherung sein dürfte (vgl. bereits zuvor unter B. IV. 2. a.); |
▪ |
bei eventuellem Bestehen einer (im konkreten Fall dem O allerdings nicht zustehenden) besonderen Altersgrenze (vgl. dazu bereits B. IV. 1.) diese Möglichkeit hinsichtlich der abzugebenden Beamtenversorgung eingebüßt würde; |
▪ |
der O im Falle seiner Dienstunfähigkeit seine Dienstunfähigkeitsabsicherung im Umfang des Ausgleichswerts seiner Beamtenversorgung (700 EUR) verliert, wohingegen er aus den ihm übertragenen Entgeltpunkten u.U. keine Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen kann (vgl. dazu bereits unter C.); |
▪ |
eine weitere Zersplitterung seiner Altersversorgung stattfindet. |
Für die P ändert sich dagegen im Umfange des Überschneidungsbetrags der wechselseitig auszugleichenden Anrechte nichts. P verliert zwar im Umfang des Ausgleichswerts von 5 Entgeltpunkten (= kapitalisierte rd. 30.000 EUR) Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, erhält über die externe Teilung der Beamtenversorgung aber genau diese Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung (sowie noch darüber hinausgehende weitere Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung) wieder rückübertragen. Aus Sicht der Qualität ihrer Altersversorgung ist dieser Hin- und Herausgleich im Umfang eines korrespondierenden Kapitalwerts von 30.000 EUR ein Nullsummenspiel. Einbußen in ihrer Erwerbsminderungsabsicherung hat sie angesichts der bereits erworbenen Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ebe...