BGB § 1696 Abs. 1; FamFG § 158 Abs. 1 u. 2 § 159 Abs. 2
Leitsatz
1. Eine gerichtliche Umgangsvereinbarung kann nur aus triftigen, das Wohl der Kinder nachhaltig berührenden Gründen abgeändert werden. Maßgeblich ist ausschließlich das Wohl der Kinder, die Änderung kann nicht mit dem Interesse eines beteiligten Elternteils begründet werden. Insbesondere kann sich die Mutter nicht darauf berufen, die von ihr im Vergleich übernommenen Bringdienste nicht mehr durchführen zu können, weil sie keinen Pkw mehr habe.
2. Hat der Antrag der Mutter bereits aus Rechtsgründen keinen Erfolg, so kann das Gericht davon absehen, für die Kinder einen Verfahrensbeistand zu bestellen und sie anzuhören.
(Leitsätze der Red.)
AG Detmold, Beschl. v. 13.6.2016 – 33 F 150/16
1 Aus den Gründen:
I. Die Antragstellerin ist die Mutter der beiden minderjährigen Kinder J. und L., die als Zwillinge am 26.9.2009 geboren wurden.
Der Antragsgegner ist der Vater der beiden Kinder, die bei der Kindesmutter in L. leben. Die ehemals verheirateten nunmehr geschiedenen Kindeseltern leben getrennt und haben in den vergangenen Jahren mehrere Verfahren in Bezug auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder sowie das Umgangsrecht des Kindesvaters mit den Kindern vor dem Amtsgericht Detmold geführt.
In dem Verfahren 33 F 390/15 haben die Kindeseltern vor dem Amtsgericht Detmold am 24.11.2015 eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen, aus der sich ein 14-tägiges Umgangsrecht des Kindesvaters mit den beiden Kindern in der Zeit von Freitag bis Sonntag ergibt. Die Kindeseltern sind in dieser Vereinbarung dahingehend übereingekommen, dass die Kindesmutter jeweils die Fahrten am Freitag zum Wohnsitz des Kindesvaters übernimmt und dass der Kindesvater die Fahrten am Sonntag zurück zum Wohnsitz der Kindesmutter übernimmt.
Die Kindesmutter begehrt mit dem nunmehr vorliegenden Antrag die Abänderung dieser Regelung dahingehend, dass nicht sie, sondern allein der Kindesvater die Fahrten im Zusammenhang mit den Umgangskontakten übernimmt.
Sie trägt vor, aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr über einen Pkw zu verfügen und überdies auch gesundheitlich nicht in der Lage zu sein, die – nach ihren Angaben weite – Fahrt von L. nach E. bei Dunkelheit durchzuführen.
Sie beantragt daher, die im Verfahren des Amtsgerichts Detmold zu 33 F 390/15 getroffene Umgangsregelung wie folgt abzuändern: (wird ausgeführt)
Der Antragsgegner beantragt den Antrag auf Abänderung einer Umgangsregelung vom 7.4.2016 zurückzuweisen.
Er meint, es sei der Antragstellerin sehr wohl möglich, über einen Pkw zu verfügen, um die Kinder zu transportieren.
II. Der Abänderungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Zwar liegt eine grundsätzlich der Abänderbarkeit des § 1696 Abs. 1 BGB unterliegende Regelung vor, weil die Beteiligten im genannten Verfahren vor dem Amtsgericht Detmold am 24.11.2015 eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen haben, jedoch ist ein Abänderungsgrund nicht gegeben.
Gemäß § 1696 Abs. 1 BGB kann (unter anderem) ein Umgangsvergleich aus triftigen, das Wohl der Kinder nachhaltig berührenden Gründen abgeändert werden.
Schon aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift ergibt sich, dass ausschließlich das Wohl der Kinder maßgebend ist und daher die Änderung nicht mit dem Interesse eines beteiligten Elternteils begründet werden kann (vgl. OLG Schleswig v. 25.8.1989 – 13 UF 119/89, 13 WF 123/89, FamRZ 1990, 433–435; OLG Karlsruhe v. 12.12.1997 – 2 UF 202/97, NJW-RR 1998, 940–941).
Im Übrigen kommen als Abänderungsgründe nur solche Tatsachen in Betracht, die nach Erlass der abzuändernden Entscheidung eingetreten oder bekannt geworden sind (vgl. OLG Brandenburg v. 11.4.2014 – 3 UF 50/13, juris Rn 44; OLG Bamberg v. 20.3.1990 – 2 UF 49/90, NJW-RR 1990, 774–776).
Nach alledem kann der Abänderungsantrag der Antragstellerin bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil sie keinen Grund vorträgt, weshalb die von ihr begehrte Änderung allein der Vereinbarung über die Durchführung der Fahrten anlässlich der Umgangskontakte dem Wohl der Kinder dienen sollte.
Soweit sie – angeblich – nicht über einen Pkw verfügt, mag dies ein nachträglich eingetretener Umstand sein. Dass sie aber deshalb von der Durchführung der Fahrten an jedem zweiten Freitag entlastet werden soll, liegt allein in ihrem eigenen Interesse und dient nicht dem Wohl der Kinder. Dies schon allein deshalb nicht, weil die von der Antragstellerin angegriffene Übung nach jahrelangen Streitigkeiten über die Übergabe der Kinder erstmals – zumindest überwiegend – funktioniert hat. Im Übrigen steht es der Antragstellerin auch im Verständnis der angegriffenen Regelung frei, die Fahrten selbst durchzuführen, von Dritten durchführen zu lassen oder aber die Kinder mit dem Zug nach E. zu bringen.
Das Gericht geht letztlich auch davon aus, dass die Kindesmutter die Regelung vom 24.11.2015 im wohlverstandenen Interesse der Kinder abgeschlossen hat und dass es ihr dabei bewusst war, dass sie die Mobilität der Kinder in irgendeiner Weise mittelfristig wird sicherstellen...