Leitsatz (amtlich)
1. Abänderungsmaßstab einer gerichtlichen Umgangsvereinbarung ist nach § 1696 BGB nicht - wie z.B. gemäß § 313 BGB bei einer Unterhaltsvereinbarung - ein Wegfall der Geschäftsgrundlage, sondern das Kindeswohl. Somit stellt, wenn ein unter der Woche gerichtlich vereinbarter Umgang im Hinblick auf einen Sportkurs erst nach diesem beginnt, der ersatzlose Wegfall dieses Sportkurses allein noch keinen Grund für eine zeitliche Ausdehnung des Wochenumgangs dar.
2. Eine Ausweitung einer gerichtlichen Umgangsregelung ist nicht aufgrund jeder geringfügigen Änderung im Tagesablauf eines Kindes angezeigt.
Normenkette
BGB §§ 1684, 1696
Tenor
1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied vom 03.05.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren und in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Neuwied auch für das Verfahren erster Instanz auf jeweils 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Verfahren streiten die getrennt lebenden Kindeseltern um den Umgang des Kindesvaters mit dem achtjährigen gemeinsamen Kind D.
Der Umgang zwischen Kind und Vater wurde aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Eltern bereits in einem vorangegangenen Rechtsstreit am 08.06.2016 durch gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung geregelt. Danach hat der Kindesvater neben den Wochenend- und Ferienumgängen zusätzlich jede Woche donnerstags von 16 Uhr nach der Schule bis 19.30 Uhr persönlichen Kontakt. Zum damaligen Zeitpunkt hatte D. donnerstags bis ca. 16 Uhr einen Schwimmkurs. Dieser ist seit geraumer Zeit beendet, so dass der Kindesvater seine Tochter nun bereits 13 Uhr nach Schulschluss zu sich nehmen möchte. Er hat geltend gemacht, dass sich die Verhältnisse durch den Wegfall des Schwimmkurses geändert hätten und er sich aktiver um die schulischen Belange des Kindes kümmern möchte. D.s schulische Leistungen seien nämlich sehr abgefallen und während der gewünschten zusätzlichen Umgangszeit finde eine Betreuung durch die Kindesmutter nicht statt. Zudem wohne er rund 30 bis 45 Minuten Fahrtzeit (einfache Strecke) entfernt, so dass auch aus diesem Grund eine Ausweitung des Donnerstagsumgangs sinnvoll erscheine.
Die Kindesmutter ist der begehrten Ausdehnung des Umgangs unter der Woche entgegen getreten. Sie hat geltend gemacht, dass es dem Kindesvater nicht um die Belange des Kindes gehe, sondern er lediglich seine vermeintlichen Rechte durchsetzen wolle. D. benötige stabile und verlässliche Umgangszeiten. Bereits diese habe der Kindesvater in der Vergangenheit nicht eingehalten. Der Wegfall des Schwimmkurses stelle keinen Grund für eine Ausweitung des Umgangs dar. Denn dieser könne nicht je nach aktuellem Stundenplan alle Jahre durch Anrufung des Gerichts geändert werden. Unzutreffend sei schließlich, dass D. nach Schulschluss nicht von ihrer Mutter, der Antragsgegnerin, betreut werde. Denn seit Sommer 2016 habe diese ihre Arbeitszeiten donnerstags so geändert, dass sie um 14 Uhr zu Hause sei. Auch seien die schulischen Leistungen des Kindes nicht schlecht.
Die Vertreterin des Jugendamts hat gegenüber dem Familiengericht mitgeteilt, dass es trotz der eindeutigen gerichtlichen Umgangsregelung aus dem Sommer 2016 immer wieder zu Konflikten zwischen den Kindeseltern im Zusammenhang mit dem Umgang komme. Aufgrund von erheblichen Problemen auf der Elternebene können diese eine einvernehmliche Regelung nicht treffen.
Das Familiengericht hat den Abänderungsantrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 03.05.2017 nach Anhörung der Eltern, nicht jedoch des Kindes, zurückgewiesen und dem Kindesvater unter Verweis auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Verfahrenskosten auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Abänderung der bestehenden Umgangsregelung nicht dem Kindeswohl entspräche. Zwar sei die Abänderungsschwelle des § 1696 BGB bei Umgangsregelungen niedriger als bei einer Sorgerechtsentscheidung anzusetzen. Auch habe sich hier donnerstagsnachmittags die Situation für das Kind durch Wegfall des Schwimmunterrichts geändert. Geringfügige Änderungen im Tagesverlauf des Kindes würden sich jedoch immer wieder ergeben. Kindeswohlbezogene Gründe für eine Ausdehnung des Umgangs um weitere drei Stunden an diesem Tag habe der Antragsteller nicht vorgetragen. Er habe sich lediglich darauf berufen, länger mit seiner Tochter zusammen sein zu wollen. Dies genüge aber nach dem Maßstab des § 1696 BGB nicht. Da keinerlei Konsens und Einigungsfähigkeit auf der Elternebene bestehe, sei es nicht angezeigt, jetzt eine Änderung der gerichtlichen Umgangsvereinbarung vorzunehmen. Werde eine Umgangsregelung ständig geändert, weil sich geringfügige Änderungen in der Lebensführung des Kindes oder der Eltern ergeben haben, verliere das Kind Halt und Stabilität. Wichtiger sei für D. hier eine verbindliche Umsetzung der bestehenden Regelung, ohne dass dies - wie in der Vergangenheit geschehen - zu Streitigkeiten unter den Eltern führe.
H...