Im Vorschlag der Bundesregierung fehlt eine klare Entscheidung zugunsten der Funktion des Verfahrensbeistands als Anwalt des Kindes. Schon der Wortlaut von § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zum Ausdruck zu bringen hat, lässt offen, was unter "Interesse" zu verstehen ist. Der Ausdruck "Interesse" ist vieldeutig (Aufmerksamkeit, Absicht, Vorteil, Nutzen). Auch der systematische Zusammenhang hilft nicht weiter. § 158 Abs. 2 FamFG listet Fallgestaltungen auf, in denen ein Verfahrensbeistand in der Regel zu bestellen ist. Soweit nach Abs. 2 Nr. 1 der Antrag eines 14-jährigen Kindes für die Bestellung genügt, spricht dies zwar für eine reine Interessenvertretung i.S.d. subjektiven Interesses des Kindes. Nummer 2 verwendet den Begriff des Interesses dagegen unter Inbezugnahme der Interessen der (des) gesetzlichen Vertreter(s), was unterschiedliche Deutungen des Interessenbegriffs zulässt. Würde man etwa für beide Personen auf das objektive Interesse abstellen, so gäbe es an sich gar keinen Interessengegensatz, weil die Eltern dem Kindeswohl verpflichtet sind. Dann bedürfte es aber auch keiner Bestellung eines Verfahrensbeistands. Deutlicher ist dagegen die Gesetzesbegründung, wonach "der Verfahrensbeistand ( … ) bei seiner Stellungnahme sowohl das subjektive Interesse des Kindes (Wille des Kindes) als auch das objektive Interesse des Kindes (Kindeswohl) einzubeziehen" hat.
Sicherlich kann der Kindeswille als Ausdruck des subjektiven Kindesinteresses nicht strikt vom Kindeswohl als Ausdruck des objektiven Interesses getrennt werden. Dennoch beinhaltet das Adjektivattribut "objektiv" die Gefahr, dass pädagogische und sozialethische Wertungen in die Begriffsbestimmung einfließen, die im Einzelfall den subjektiven Interessen des Kindes zuwiderlaufen können. Dies widerspräche aber der Zweckrichtung des Instituts der Verfahrenspflegschaft bzw. -beistandschaft im Sinn einer allein kindlichen, d.h. subjektiven Interessen verpflichteten, Vertretung. Das BVerfG hat wiederholt entschieden, dass die Grundrechte des Kindes aus Art. 6 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 103 GG die Pflicht des Staates begründen, das Kindeswohl verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, dass eine eigenständige Wahrnehmung der Kindesbelange sichergestellt sei. Diese Aufgabe obliege grundsätzlich den Eltern. Wenn diese jedoch das Verfahren zur Wahrung eigener Interessen führten, könnten ihre Interessen in einen Konflikt zu denen des Kindes geraten. In diesem Fall müsse dem Kind die Möglichkeit eingeräumt werden, sein eigenes Interesse, das möglicherweise weder von den Eltern noch von dem Gericht zutreffend erkannt und formuliert werde, in einer den Anforderungen des rechtlichen Gehörs entsprechenden Eigenständigkeit im Verfahren geltend zu machen. Dies geschehe durch einen Verfahrenspfleger. Der Verfahrenspfleger hat damit die subjektiven Interessen des Kindes im Verfahren zu vertreten, hat also nicht neben dem Richter das Wohl des Kindes zu ergründen und dazu Stellung zu nehmen. Vielmehr hat er zu ermitteln, welche Interessen und Wünsche das Kind bei dem streitbefangenen Gegenstand leiten, und diese ins Verfahren einzubringen.