Das Grundgesetz verlangt in Art. 6 Abs. 5 GG von der Gesetzgebung, den unehelichen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen. Dieses Postulat scheint auf eine besonders nachhaltig wirkende Sperre im gesellschaftlichen Bewusstsein gestoßen zu sein. Seit dem Mittelalter hatten Kirchen und Staat die Elternschaft innerhalb der von ihnen kontrollierten Ehe als einzig legale anerkannt und, um diesen Standpunkt durchzusetzen, die nichtehelichen Kindern entrechtet. Dieser Zustand wurde im 20. Jahrhundert vor allem durch die Sozialgesetzgebung überwunden. Im Familienrecht wirkte aber die Tradition noch mächtig fort. So blieb der Gesetzgeber nach Inkrafttreten des GG auch in dieser Frage untätig und musste vom Bundesverfassungsgericht in die Pflicht genommen werden.
Schon 1958 gab das Gericht seine Auffassung kund, dass der Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG bindend und in angemessener Frist auszuführen sei. Doch die an das Parlament gerichtete Mahnung blieb fruchtlos. So nahm das Gericht elf Jahre später ein Verfahren, in dem es um die Anrechnung der Waisenrente eines unehelichen Kindes auf dessen gegen die Erben des Vaters gerichteten Unterhaltsanspruch ging, zum Anlass, dem Gesetzgeber eine ultimative Frist bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode zu setzen, deren Säumnis dem Art. 6 Abs. 5 GG unmittelbar derogierende Kraft zuwachsen lasse. Nun war die Sache eilig. Das "Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder" vom 19. August 1969 wahrte die Frist, brachte auch Fortschritte für die Rechte von Kind und Mutter, erfüllte aber bei weitem nicht alle Hoffnungen.
Dessen ungeachtet blieb das nichteheliche Kindschaftsrecht über 20 Jahre in Geltung, bis wiederum vom Bundesverfassungsgericht der Impuls für eine völlige Neuordnung ausging. Die Gelegenheit dazu gab im Jahre 1991 eine Richtervorlage zur Legitimation: Ein Vater hatte die Ehelicherklärung seines nichtehelichen Kindes beantragt; da er mit der Kindesmutter zusammenlebte, wollte er künftig die elterliche Sorge mit ihr gemeinsam ausüben. Das aber ließ das damalige Gesetz nicht zu, das obligatorisch die elterliche Sorge allein auf den legitimierenden Mann übergehen ließ, die Mutter also davon ausschloss. Das BVerfG sah in der genannten Regelung einen Verstoß gegen das Elternrecht und erklärte sie für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 5 GG.
Die Begründung wies dem Gesetzgeber den künftigen Weg weit über den konkreten Anlass hinaus. Die entscheidenden Sätze lauten: "Leben Vater und Mutter mit dem Kind zusammen und sind beide bereit und in der Lage, die Elternverantwortung zu übernehmen, so entspricht es regelmäßig dem Kindeswohl, wenn beiden Eltern das Sorgerecht zuerkannt wird … Das Kind, das in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aufwächst, hat deshalb ein erhebliches Interesse daran, dass die emotionalen Bindungen an seine beiden Eltern rechtlich abgesichert werden."
Diese Sätze zielten auf die Möglichkeit eines gemeinsamen Sorgerechts auch von Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, wie sie dann in der großen Kindschaftsrechtsreform von 1997 verwirklicht wurde. Ob die nun gefundene Lösung des Sorgerechtsproblems – grundsätzliche Alleinsorge der Mutter, aber Möglichkeit der gemeinsamen Sorge, wenn beide Elternteile sich dazu bereit erklären – der Verfassung entspricht, hat das Gericht einstweilen dilatorisch beantwortet: "Derzeit" liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Elternrecht des Vaters nicht ausreichend Rechnung getragen wird, aber der Gesetzgeber ist verpflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten, ob die nun geschaffene Möglichkeit gemeinsamen Sorgerechts von zusammenlebenden Eltern auch hinreichend genutzt wird – methodisch ist interessant, dass die verfassungsrechtliche Haltbarkeit einer Regelung vom faktischen Gebrauch abhängen soll, den die Bürger davon machen.
In summa kann gesagt werden: Die grundlegende Reform des Kindschaftsrechts der Jahre 1997 und 1998 ist zwar nicht in allen Teilen, aber doch in zentralen Punkten vom BVerfG inspiriert. Auch diese Reform genügte dem Grundgesetz nicht in allen Punkten. Das zeigte sich beim Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes gegen den Vater wegen Kindesbetreuung, der – im Gegensatz zu dem entsprechenden Anspruch geschiedener Mütter – im Regelfall auf die Zeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kinder begrenzt war. Die schon genannte Entscheidung vom 28.2.2007 verwarf eine unterschiedliche Einschätzung des Betreuungsbedarfs bei ehelichen und nichtehelichen Kindern und nahm insofern direkten Einfluss auf die parlamentarischen Beratungen zum Unterhaltsrechtsreformgesetz. Dieses Gesetz allerdings stellt die Gleichbehandlung der Kinder nur auf deutlich abgesenktem Niveau her.