Leitsatz (amtlich)
Gegen den Willen der Kindesmutter kann der Vater das gemeinsame Sorgerecht nicht erlangen (unter Berufung auf BGH v. 4.4.2001 – XII ZB 3/00, BGHReport 2001, 497 = MDR 2001, 871 = NJW 2001, 2472)
Verfahrensgang
AG Stendal (Aktenzeichen 5 F 650/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Stendal vom 21.11.2002 wird als unbegründet auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag vom 29.2.2002 das gemeinsame Sorgerecht für das am 13.8.2001 geborene Kind J.G.
Das Kind ist außerhalb einer Ehe des Antragstellers mit der Antragsgegnerin geboren.
Durch Urteil des AG Stendal vom 20.2.2002 wurde die Vaterschaft des Antragstellers zu dem Kind gerichtlich festgestellt und er zur Zahlung von Unterhalt verurteilt.
Die Mutter ist alleinige Inhaberin des Sorgerechts.
Für seinen Sorgerechtsantrag hat er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG dem Antragsteller Prozesskostenhilfe verweigert, weil die Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg sei. Denn das gemeinsame Sorgerecht könne nicht gerichtlich durchgesetzt werden.
Die gemeinsame elterliche Sorge könne nur durch gemeinsame Sorgeerklärung oder Heirat der Eltern herbeigeführt werden.
Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt.
Das AG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die amtsgerichtliche Entscheidung entspricht der Rechtslage.
Gegen den Willen der Mutter kann der Antragsteller das gemeinsame Sorgerecht nicht erlangen; § 1626a BGB setzt voraus, das die Eltern entweder gemeinsam erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder einander heiraten.
Hier liegt keine der Voraussetzungen vor.
§ 1626a BGB unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der BGH hat dazu in seiner Entscheidung vom 4.4.2001 (BGH v. 4.4.2001 – XII ZB 3/00, BGHReport 2001, 497 = MDR 2001, 871 = NJW 2001, 2472) ausgeführt:
Nach § 1626a Abs. 1 BGB steht Eltern, die bei der Geburt eines Kindes nicht miteinander verheiratet sind, die elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie – vor oder nach der Geburt (§ 1626b Abs. 2 BGB) – erklären, die Sorge gemeinsam übernehmen zu wollen (Sorgeerklärung), oder wenn sie einander heiraten. Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge (§ 1626a Abs. 2 BGB). Die Sorgeerklärung ist eine höchst persönlich abzugebende Erklärung (BT-Drucks. 13/4899, 94) und kann als solche weder von einem gesetzlichen Vertreter abgegeben (§ 1626c Abs. 1 BGB) noch von dem Vormundschafts- oder FamG ersetzt werden (Staudinger/Coester, BGB, 13. Bearb. 2000, § 1671 Rz. 78; FamRefK-Schwab/Wagenitz, Einführung in die Reformgesetze, 2. Teil B III, 1a, 2a).
Leben Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind, dauernd getrennt, so ermöglicht § 1672 Abs. 1 BGB im Interesse des Kindeswohls eine Übertragung der elterlichen Sorge oder von Teilen hiervon durch familiengerichtliche Entscheidung auf den Vater allein, wenn die nach § 1626a Abs. 2 BGB sorgeberechtigte Mutter der Übertragung zustimmt.
Sowohl § 1626a BGB als auch § 1672 Abs. 1 BGB setzen danach zwingend die Zustimmung der Mutter zur Begründung der gemeinsamen oder der alleinigen elterlichen Sorge des Vaters voraus. Das entspricht dem Willen des Gesetzes, das bewusst eine starke Stellung der nicht mit dem Vater des Kindes verheirateten Mutter begründet hat. Damit soll ausgeschlossen werden, dass von vorneherein Konflikte auf dem Rücken des Kindes ausgetragen werden (BT-Drucks. 13/4899, 58 [59, 100]). In Anbetracht des insoweit eindeutigen Wortlauts der genannten Bestimmungen scheidet eine abw. Auslegung etwa in dem Sinn, dass an die Stelle der Zustimmung der Mutter eine gerichtliche Entscheidung zu treten hätte, aus (vgl. BVerfG v. 26.4.1994 – 1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263 [275]). Eine solche wäre zwangsläufig mit einer eigenen Wertung des Gerichts verbunden, die im Gesetz gerade nicht vorgesehen ist.
Ohne die Zustimmung der Mutter ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen eine – im vorliegenden Fall indessen nicht beantragte – Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater allein möglich, insb. wenn die elterliche Sorge der Mutter nach den §§ 1673 bis 1675 BGB ruht, wenn die Mutter an der Ausübung der elterlichen Sorge aus anderen Gründen gehindert ist, oder wenn ihr gem. § 1666 BGB die elterliche Sorge entzogen ist, § 1680 Abs. 3 BGB …
§ 1626a BGB ist … nicht verfassungswidrig.
(1) Die Regelung verstößt nicht gegen das Elternrecht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG.
Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG sind die Erziehung und Pflege der Kinder das natürliche Recht der Eltern. Dabei sind in den Schutzbereich der Norm (auch) die Väter nichtehelicher Kinder jedenfalls dann einbezogen, wenn sie nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften als Väter feststehen, unabhängig davon, ob sie mit der Mutter des Kindes zusammenleben, und ob sie eine enge oder keine tatsächliche Beziehung zu dem Kind haben (BVerfG v. 7.3.1995 – 1 BvR 790/91, 1...