Die Frage, in welchem geografischen Bereich sich der Erwerbspflichtige auf eine Arbeitsstelle bewerben muss, wird hauptsächlich im Minderjährigenunterhalt diskutiert. Es kann grundsätzlich eine Obliegenheit zum Ortswechsel für den Unterhaltspflichtigen bestehen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist sich in den Voraussetzungen einig: Ein Ortswechsel und damit die Suche nach Arbeit an einem anderen Ort ist nur in "zumutbaren Grenzen" vorzunehmen, wenn der arbeitslose Pflichtige dort eine Arbeit finden und nur auf diese Weise den Unterhalt sicherstellen kann. Dabei genügt es nicht ohne Weiteres davon auszugehen, in strukturstärkeren Gebieten werde eine Arbeitsstelle gefunden. Der BGH verlangt die Mitteilung konkreter Umstände, aus denen gerade darauf geschlossen werden darf. Bei der Abwägung, ob ein Ortswechsel zumutbar ist, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die Bindungen des Unterhaltspflichtigen zu den unterhaltsbedürftigen Kindern, die Kosten des Umzugs und die Kosten des Umgangs mit den Kindern zu berücksichtigen.
Vom Erwerbstätigen kann ein Ortswechsel zur Verbesserung seines Gehalts nicht ohne Weiteres verlangt werden. Es ist eine Abwägung der Interessen vorzunehmen. So kann die Dauer des bis zur Volljährigkeit noch zu zahlenden Unterhalts gegen die mit einem Wegzug verbundenen Erschwernisse auf Seiten des Unterhaltspflichtigen abzuwägen sein. Es können auch Bindungen an seinen Wohnort aus anderen persönlichen Gründen beachtenswert sein, so wegen einer neuen Familie und der Wohnmöglichkeit im elterlichen Haus der Ehefrau. Abgelehnt worden ist eine Obliegenheit zum Ortswechsel für einen der Ausbildung gemäß vollschichtig erwerbstätigen Unterhaltsschuldner, der für die Region durchschnittlich bezahlt wurde, ebenso für den Unterhaltsberechtigten in gleicher Situation.
Trotz grundsätzlicher Einigkeit in der obergerichtlichen Rechtsprechung über die grundsätzliche Obliegenheit zum Ortswechsel werden die Einschränkungen im Rahmen der Zumutbarkeitsgrenze allerdings unterschiedlich stark gezogen. Es werden bundesweite Bewerbungen bzw. solche im deutschsprachigen Raum einschließlich Österreich verlangt, teilweise nur über den örtlichen Bereich hinaus, teilweise auf die nächstliegenden Großstädte oder in einem bestimmten Umkreis im Hinblick auf die Bindungen an die unterhaltsberechtigten Kinder und deren Alter, schließlich auch dort, wo der erlernte Beruf besonders stark angeboten wird. Die Forderung nach bundesweiter Bewerbung wird teilweise nicht sofort, sondern erst nach einiger erfolgloser Zeit erwartet. Einige Gerichte sehen bundesweite Bewerbungen kritisch im Hinblick auf die Kosten, auf die Arbeitsaussichten anderswo oder gerade in Bezug auf die Bindungen des Verpflichteten an die unterhaltsberechtigten Kinder. Das KG hat im Fall eines gesteigert unterhaltspflichtigen Bohrtechnikers mit internationaler Berufspraxis die weltweite Suche nach einer Arbeitsstelle gefordert, grundsätzlich auch in gefährdeten Gebieten. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs werden jedenfalls solche Entscheidungen, die vorbehaltlos bundes- oder sogar europaweite Bewerbungen verlangen, sehr kritisch zu überprüfen sein.
Auch im Ehegattenunterhalt wird die Obliegenheit zum Ortswechsel diskutiert. Das OLG Hamm hat eine Obliegenheit zum Ortswechsel seitens des pflichtigen geschiedenen Ehemanns abgelehnt, weil in seinem Haushalt ein mit der Berechtigten gemeinsames Kind lebte und seine neue Ehefrau am Wohnort eine Arbeitsstelle hatte. Das OLG Schleswig hat die Pflicht einer unterhaltsberechtigten Lehrerin mit gesicherter Teilzeitbeschäftigung, sich über den Kreis hinaus zu bewerben, abgelehnt. Allerdings lagen dort wohl Auskünfte der Schulämter der weiteren Kreise über die Erfolgsaussicht einer etwaigen Bewerbung vor. Das OLG Thüringen hat den Ortswechsel einer unterhaltsberechtigten Ehefrau abgelehnt, die eine Vollzeittätigkeit zu durchschnittlicher Bezahlung ausübte. M.E. kommt es entscheidend auf den Einzelfall an. Wer nach der Ehescheidung in ein strukturschwaches Gebiet umzieht und dort – noch – keine Bindungen hat, wird gegebenenfalls Orte mit besseren Arbeitsbedingungen aufsuchen müssen.