Von großer praktischer Relevanz ist das Kriterium, dass die Eltern keine Kommunikationsbasis haben und zu einer Kooperation im Kindesinteresse nicht in der Lage seien. Die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge setzt voraus, dass die Eltern eine ausreichende Fähigkeit zur Kommunikation haben und auch bereit sind, mit dem anderen Elternteil zu kooperieren. Es kann auch ausreichen, dass die Eltern in einem Bereich, der unter das Alleinentscheidungsrecht eines Elternteils fällt, nicht miteinander kommunizieren. Beispiele dafür sind die Anschaffung eines Computers gegen den Willen des anderen Elternteils, Klavierunterricht oder anderer Unterricht ohne Absprache mit dem betreuenden Elternteil oder die Weigerung, dem anderen Elternteil mitzuteilen, wie viel Taschengeld das Kind erhält.
Unter diese Fallgruppe einzuordnen ist auch, wenn zwischen den Parteien Gewaltschutzverfahren oder andere hochstreitige Verfahren rechtshängig sind oder waren oder wenn der Vortrag im Sorgerechtsverfahren selbst schon derart kontrovers ist, dass auf der Hand liegt, dass ein Konsens nicht mehr gegeben sein wird.
Zu berücksichtigen ist allerdings bei der Prüfung dieser Frage, dass die Eltern zu einer Konsensbildung verpflichtet sind, sofern ihnen das zum Wohl ihres Kindes zuzumuten ist. Die schlichte Behauptung, es sei eine Kommunikation nicht möglich, ohne dabei die eigenen Anteile auch nur zu diskutieren, reicht daher nicht aus. Aber auch bei dieser Frage hat sich die Entscheidung des Gerichts nur am Kindeswohl zu orientieren. Das ist sicherlich für betroffene Elternteile dann schwer nachzuvollziehen, wenn die Kommunikationsstörung oder die fehlende Kooperationsbereitschaft tatsächlich überwiegend in der Sphäre des anderen Elternteils begründet liegt. Aber die Übertragung des Sorgerechts auf den anderen Elternteil ist keine Sanktion für Fehlverhalten. Maßstab kann nur das Kindeswohl sein.
Wenn die Gründe zur Verweigerung der Zustimmung der Errichtung der gemeinsamen Sorge allerdings nicht durch das Kindeswohl begründet sind, dann kann dieser Grund auch nicht tragfähig für den Ausschluss der gemeinsamen Sorge sein. Zu berücksichtigen ist, dass dem betreuenden Elternteil das Alleinentscheidungsrecht in Fragen des täglichen Lebens zusteht. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung gibt es nur relativ wenige im Leben eines Kindes.
Wenn die Eltern zwar nicht persönlich, aber auf andere Art und Weise miteinander kommunizieren können, zum Beispiel per Post oder unter Mithilfe anwaltlichen Beistandes in außergerichtlicher Form, dann reicht dies aus.
Gerade auch die Verpflichtung der Eltern, sich um eine vernünftige Kommunikation zu bemühen, ist vom Gesetzgeber postuliert worden.
Dem Sachvortrag der Beteiligten müssen daher die Anhaltspunkte konkret entnommen werden können, dass eine gemeinsame Sorge sich nachteilig auf das Kind auswirken würde. Dies gilt umso mehr, als beide Elternteile aufgerufen sind zu lernen, ihre persönlichen Konflikte, die auf der Paarebene zwischen ihnen bestehen mögen, beiseite zu lassen und um des Wohls ihres Kindes willen sachlich und, soweit das Kind betroffen ist, konstruktiv miteinander umzugehen. Sie sind mithin gehalten, sich um des Kindes willen, notfalls unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe von außen, um eine angemessene Kommunikation zu bemühen. Vielmehr muss auf der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorliegen, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man seine Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen. Der pauschale Vortrag der Kindesmutter, sie könne nicht mit dem Kindesvater sprechen und sie beide hätten auch völlig unterschiedliche Wertvorstellungen, kann per se mithin noch nicht dazu führen, die gemeinsame elterliche Sorge zu versagen. Stützt der sorgeberechtigte Elternteil seine Verweigerung der gemeinsamen Sorgetragung auf fehlende Kooperationsbereitschaft oder -fähigkeit, genügt es nicht, lediglich formelhafte Wendungen hierzu vorzutragen.
Nimmt die Mutter eine Blockadehaltung erst im Zusammenhang mit dem Begehren des Vaters, an der Sorge beteiligt zu werden, ein, und gibt es Anhaltspunkte dafür, dass Anlass hierfür vor allem der Wunsch ist, die Alleinentscheidungsbefugnis zu behalten, so wird sich diese Haltung durch eine praktizierte gemeinsame Sorge oftmals auflösen.
Wenn aber eine schwerwiegende und nachhaltig bestehende Kommunikationsstörung zwischen den Eltern vorliegt, die ihren Streit quasi auf dem Rücken des Kindes austragen und bekommt das Kind dieses mit, dann ist zu befürchten, dass durch die weiter bestehende gemeinsame Sorge das Kind ernsthaften Schaden nimmt. Dann ist eine Basis für ein gemeinsames elterliches Sorgerecht nicht gegeben und das Sorgerecht ist auf den Elternteil zu übertragen, der dafür geeigneter erscheint.
Wenn die Eltern zusammen leben, erscheint es eher unwahrscheinlich, dass zwischen ihnen tiefgreif...