Eva Becker
So hieß in den 70er-Jahren des letzten Jahrtausends eine der ersten Justizreihen im öffentlichen-rechtlichen Fernsehen. Die Sendung gibt es nicht mehr.
Ehen vor Gericht gibt es immer noch und das liegt daran, dass eine Ehe in Deutschland nur durch richterliche Entscheidung geschieden werden kann (§ 1564 BGB). Einige europäische Nachbarn haben sich inzwischen entschieden, nicht mehr jede Ehe vor Gericht enden zu lassen, wie das hochkarätig besetzte Symposium zum Thema "Scheidung ohne Gericht?" der Universität Regensburg im Oktober 2015 gezeigt hat. Gleichwohl steht für Deutschland nicht zu erwarten, dass sich in naher Zukunft Wesentliches an der "Scheidung durch das Gericht" ändert.
Die Gründe hierfür sind verschieden: Da ist zunächst Artikel 6 des Grundgesetzes, der die Ehe schützt und den Gesetzgeber motiviert, eher die Ehe erhaltende Überlegungen anzustellen, als eine billige und schnelle Scheidung zu fördern.
Billig und schnell ist in diesem Kontext zugleich relativ: Die Scheidung ohne Gericht ersparte der Justiz womöglich das eine oder andere Scheidungsverfahren, was den Gesetzgeber verlocken könnte. Der Aufwand für Folgestreitigkeiten, weil einer der Ehegatten die Auswirkungen einer nicht die richterliche Inhaltskontrolle durchlaufenden unausgewogenen Vereinbarung erst später erkennt, blieben den Gerichten nicht erspart. Sie, die Folgesachen, sind es, die Aufwand für die Justiz verursachen und nicht die – regelmäßig von Anwälten vorbereiteten – einverständlichen Scheidungen. Sie rechnen sich für die Justizkasse und bringen dem Staat für geringen Aufwand Gerichtskosten ein. Der Gedanke der Mischkalkulation ist hier nicht nur für Anwälte, sondern auch für die Justiz relevant. Auch den betroffenen Ehegatten bliebe nichts erspart, es sei denn, man dächte zugleich an eine der Verfahrenskostenhilfe vergleichbare Unterstützung in einem dann außergerichtlichen Verfahren.
Der Anspruch, den wirtschaftlich oder auch nur emotional schwächeren Ehegatten vor einer Übervorteilung zu schützen, weist in dieselbe Richtung: Eine Verringerung des Schutzes des Schwächeren bei der Scheidung selbst lässt sich kaum begründen, wenn schon die Freiheit des Vertragsschlusses ihr Ende findet, sobald der Kernbereich des Familienrechts befasst ist, und diese Freiheit zumindest eingeschränkt sein kann, wenn man sich in dessen Peripherie bewegt.
Einig wird man schließlich schnell darüber sein, dass ein Standesbeamter eine interessengerechte Beratung von Eheleuten nicht leisten kann, ebenso wenig wie ein Notar, weil er der Neutralität und gerade nicht den Interessen gleich welcher Partei verpflichtet ist.
So bleibt das Gericht die richtige Instanz, gemeinsam mit den Eheleuten und bestenfalls den sie parteilich und vertraulich beratenden Anwälten, die Entscheidung über das Ende der Ehe und die zumeist weitreichenden Folgen dessen zu treffen.
Weil die Bedürfnislage von Eheleuten – trotz national unterschiedlicher Ausgestaltung der Rechtsfolgen einer Scheidung – innerhalb Europas nicht gänzlich verschieden ist, verwundert es nicht, dass die Reformen einiger europäischer Nachbarn dort bereits in die Kritik geraten sind: In Italien wurde im Kontext der seit 2014 möglichen Scheidung vor dem Bürgermeister, bei der die Parteien nicht anwaltlich vertreten sein müssen, mittlerweile ein Verstoß gegen die Verfassung, konkret das Recht auf Verteidigung, gerichtlich festgestellt. Und in Frankreich stößt die einverständliche Scheidung ohne Gericht – immerhin nur möglich, wenn beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind – auf heftige Kritik der von der Gesetzesinitiative überraschten Fachwelt, weil sie dem Schutz der Ehegatten und der betroffenen Kinder nicht hinreichend Rechnung trage.
Der Blick über den Tellerrand ist gleichwohl eine Bereicherung. Zum Handeln muss er aber nicht immer verleiten.
Autor: Eva Becker
Eva Becker, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Berlin
FF 12/2016, S. 469