Soweit ersichtlich, handelt es sich bei dem Beschluss des KG vom 31.1.2017 – 13 WF 12/17 – um eine der ersten veröffentlichten Entscheidungen eines Oberlandesgerichts zur Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG aufgrund des am 15.10.2016 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes, der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes vom 11.10.2016. Dieses Gesetz war erforderlich, weil "der EuGHMR mit Urt. v. 15.1.2015 entschieden hat, die deutsche Rechtsordnung verletze dadurch, dass ein wirksamer innerstaatlicher Rechtsbehelf zur Verfahrensbeschleunigung von Umgangssachen fehle, die EMRK. In Umgangssachen genüge es nicht, dass bei einer überlangen Verfahrensdauer nachträglich durch die §§ 198 ff. GVG eine finanzielle Entschädigung gewährt werde. Vielmehr seien die Vertragsstaaten in Sachen, in denen sich die Verfahrensdauer eindeutig auf das Familienleben auswirke, verpflichtet, einen innerstaatlichen Rechtsbehelf vorzusehen, der gleichzeitig präventiv im Sinne einer Untätigkeitsbeschwerde bzw. Beschleunigungsbeschwerde und kompensatorisch wirke."
Nunmehr sind mit der Beschleunigungsrüge gemäß § 155b FamFG und der Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG derartige Rechtsbehelfe vorhanden, die der überlangen Verfahrensdauer Einhalt gebieten können.
Das KG hat seinem Beschl. v. 31.1.2017 – 13 WF 12/17 – den Leitsatz zu 1. vorangestellt, dass "allein eine Verfahrensdauer von mehr als 2 ½ Jahren in einem Umgangsverfahren für sich genommen [noch] nicht zu einer Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots nach § 155 Abs. 1 FamFG führe." Dieser Leitsatz lässt mit Blick auf die Besonderheiten des kindlichen Zeitempfindens in den Kindschaftssachen aufhorchen. Denn durch die lange Dauer des familiengerichtlichen Verfahrens besteht immer die Gefahr der praktischen Präjudizierung und werden vor allem die Belastungen des Kindes gefördert. Mit Rücksicht hierauf hatten Heilmann/Salgo bezweifelt, dass "der BGH bei einer Verfahrensdauer von drei Jahren in der Rechtsbeschwerdeinstanz den Beschleunigungsgrundsatz gewahrt habe." In dem Verfahren des KG sind "nur" 2 ½ Jahre vergangen und eine Verletzung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots soll angeblich nicht vorliegen. Wie ist eine derartige Meinungsdivergenz in Bezug auf die Dauer eines kindschaftsrechtlichen Verfahrens überhaupt möglich?
Die BT-Drucksache 18/9092 weist ausdrücklich darauf hin, dass "eine generelle Festlegung, ab wann ein Verfahren nicht beschleunigt durchgeführt wurde, nicht möglich sei. Ein Maßstab für diese Frage sei die Orientierung am Kindeswohl, welches das Beschleunigungsgebot sowohl präge als auch begrenze. Beschleunigung sei kein Selbstzweck, sondern diene dazu, dass die Entscheidung in der Sache nicht durch bloßen Zeitablauf faktisch präjudiziert werde. Diese Gefahr bestehe, weil sich während des Verfahrens Bindungs- und Beziehungsverhältnisse – einschließlich der Kontaktabbruch – verfestigen oder verändern könnten und eine zu späte gerichtliche Entscheidung sich den geänderten tatsächlichen Bindungen und Beziehungen nur noch beschreibend anpassten, aber nicht mehr im Sinne des ursprünglichen Kindeswohls gestalten könne."
Mit dieser Begründung nimmt der Deutsche Bundestag im Rahmen des Kindeswohls auf das kindliche Zeitempfinden Bezug. Heilmann führt hierzu aus: "Ein gerichtliches Verfahren, welches mit einer Entscheidung zum Wohl des Kindes abgeschlossen werden soll, muss auch den Anforderungen gerecht werden, welche das kindliche Zeitempfinden an die Dauer des Verfahrens stellt." Die Kindeswohlkriterien ergeben sich nicht nur aus rechtlichen Aspekten, sondern verlangen auch die Einbeziehung außerjuristischer Erkenntnisse. Der Rechtsbegriff "Kindeswohl" ist daher das "Einfallstor für neue Erkenntnisse von Psychologie, Pädagogik, Pädiatrie usw." Die Dauer des Verfahrens ist in diesem Zusammenhang kinderpsychologisch zu verstehen. Es kommt auf die subjektiven Zeitvorstellungen, mithin auf das Zeitempfinden des Kindes an. Das kindliche Zeitempfinden unterscheidet sich erheblich von dem der Erwachsenen. Während diese ihr Verhalten und ihre Bedürfnisse "an Uhr und Kalender – und damit an objektiven (messbaren) Maßstäben orientieren", ist das kindliche Zeitempfinden gebunden "an die Geschwindigkeit von Bedürfnisbefriedigung, die das Kind als notwendig bzw. angenehm empfindet." Dettenborn/Walter weisen daher darauf hin, dass der Zeitraum, der dafür zur Verfügung stehe, umso kürzer sei, je jünger das Kind sei. Hieraus folge, dass die Entfremdung und der Abbau von Bindungen umso schneller erfolgten, je jünger ein Kind sei oder anders ausgedrückt, dass der Zeitraum zur Entstehung von Bindungen umso kürzer sei, je jünger das Kind sei. Wec...