Die Auflösung der früheren rechtlichen Vaterschaft mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Geburt hat das Bundesverfassungsgericht als eine "ungeschriebene Rechtsregel" charakterisiert, mit der der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung begründet wurde. In seiner aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die dahingehende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung für verfassungswidrig erklärt, weil es an einer ausreichenden, dem Gesetzesvorbehalt gerecht werdenden gesetzlichen Grundlage fehle.[34] Diese Entscheidung könnte Ausgangspunkt für eine Diskussion sein, ob und ggf. aus welchen Gründen der gerichtlichen Auflösung der Vaterschaft eine Wirkung auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zukommt. Eine gesetzliche Regelung findet sich hierzu in § 1599 BGB nicht. Allerdings könnte die Rückwirkung der Vaterschaftsanfechtung aus dem Begründungsakt selbst hergeleitet werden. Sowohl die durch Ehe begründete Vaterschaft (§ 1592 Nr. 1 BGB) als auch die durch Vaterschaftsanerkennung etablierte Vaterschaft (§ 1594 BGB) führen nach bisherigem Verständnis zur rechtlichen Elternstellung ab dem Zeitpunkt der Geburt. Versteht man die abstammungsrechtliche Zuordnung als Status des Eltern-Kind-Verhältnisses, so ist sie nicht primär zeitlich (in die Zukunft) ausgerichtet, sondern erfasst die Zwei-Personen-Beziehung rechtlich umfassend. Demgegenüber plädiert Fröschle dafür, auf diese Konstellation die Grundsätze des faktischen Rechtsverhältnisses, die aus dem Arbeits- und Gesellschaftsrecht bekannt sind, mit der Folge einer Auflösung ex nunc anzuwenden.[35]

[35] Fröschle, NZFam 2017, 884, 889; so bereits Heiderhoff, FamRZ 2010, 8, 14.

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