Damit ist die Frage verbunden, ob der Umfang des Regressanspruchs wie nach geltendem Recht im Rahmen einer Billigkeitsregelung dem jeweiligen Einzelfall und der richterlichen Verantwortung vorbehalten bleiben oder wie im Gesetzentwurf verfolgt ein konkreter Regresszeitraum gesetzlich bestimmt werden soll. Naturgemäß gehen die Auffassungen darüber, welcher Zeitraum für eine rückwirkende Inanspruchnahme angemessen erscheint, deutlich auseinander. Während der Gesetzentwurf einen Zeitraum von 2 Jahren zuzüglich der Dauer des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens für sachgerecht erachtet, wird in der Literatur überwiegend ein an den Verjährungsvorschriften orientierter Zeitraum von 10 Jahren für angemessen gehalten. Nicht nur die Zumutbarkeit der Auskunftsverpflichtung, sondern auch die Bemessung eines Unterhaltszeitraums sind Ergebnis einer Abwägung der Interessen der Beteiligten.
Der Zeitrahmen von drei bis vier Jahren, wie er sich nach der Neuregelung ergeben würde, erscheint bereits deswegen nicht angemessen, weil die tragende Argumentation der Gesetzesbegründung für die Zeit unmittelbar vor der Einleitung eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens kaum Bedeutung zukommen kann. Denn in der Praxis wird das Vaterschaftsanfechtungsverfahren fast nie während bestehender Lebensgemeinschaft, sondern frühestens nach erfolgter Trennung bzw. überwiegend nach rechtskräftiger Ehescheidung eingeleitet. Mit der Trennung besteht häufig eine familiäre Gemeinschaft zwischen dem Scheinvater und dem Kind nicht mehr, sodass nach aufgelöster Lebensgemeinschaft der Zeitraum einer reinen Barunterhaltspflicht typisierend dem Regressanspruch zugrunde gelegt werden kann.
Die den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters bzw. zu dessen Regressanspruch zugrunde liegenden Sachverhalte spiegeln eine ganz unterschiedliche Lebenswirklichkeit wider und hatten überwiegend längere Regresszeiträume zum Gegenstand. Die Daten der Ausgangsentscheidung zum Auskunftsanspruch aus dem Jahr 2012 mögen insoweit nicht repräsentativ sein, weil die Eltern dort von 2004 bis Mitte 2006 zusammengelebt hatten. Danach wurde im Januar 2007 der Sohn geboren, wobei der Scheinvater von der Kindesmutter zur Vaterschaftsanerkennung aufgefordert worden war. Wann das Verfahren auf Vaterschaftsanfechtung eingeleitet wurde, lässt sich dem mitgeteilten Sachverhalt nicht entnehmen. Diesem kurzen Regresszeitraum und der vergleichsweise geringen Forderung von rund 4.500 EUR steht die – auch in der Gesetzesbegründung angeführte – Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2013 gegenüber, in dem die Kindesmutter und der Scheinvater im Jahr 1961 geheiratet hatten und 5 Jahre später ein Sohn geboren wurde. Nach der Mitte 1968 erfolgten Scheidung wurde erst im Jahr 2010 die rechtliche Vaterschaft aufgelöst. Für den Zeitraum von 1967 bis 1996 machte der Scheinvater einen Betrag von 38.960 EUR geltend. Zwischen der Geburt des Kindes und der Vaterschaftsanfechtung waren nahezu 44 Jahre vergangen und der Regresszeitraum umfasste etwa 29 Jahre. In der ein Jahr später ergangenen Entscheidung des BGH wurde das Kind im Jahr 1981 geboren. Die 1971 geschlossene Ehe war 2006 geschieden und danach die Vaterschaft wirksam angefochten worden. Geht man davon aus, dass der Scheinvater Unterhalt für das in der Ehe geborene Kind mindestens bis zur Volljährigkeit erbracht hat, bestünde ein Regresszeitraum von jedenfalls 18 Jahren, d.h. bis zum Jahr 1999. In der Entscheidung zur Verjährung des Anspruchs auf Scheinvaterregress vom Anfang 2017 wurde im Wege der Stufenauskunft ein Unterhaltsanspruch von rund 35.500 EUR für die Zeit von Oktober 1995 bis November 2008 geltend gemacht, nachdem sich die Kindeseltern im Jahr 2008 getrennt hatten und die Scheidung ihrer Ehe im März 2010 ausgesprochen worden war. Im Februar 2009 hatte der Scheinvater das Vaterschaftsanfechtungsverfahren eingeleitet, in dem im März 2010 festgestellt wurde, dass nicht er der Vater des Kindes ist. Gegenüber dem Jugendamt hatte die Mutter angegeben, mit mehreren anderen Männern in der gesetzlichen Empfängniszeit eine intime Beziehung gehabt zu haben. In der bisher letzten Entscheidung des BGH zum Scheinvaterregress vom September 2018 hatte der Scheinvater einen Anspruch von 42.400 EUR für von ihm erbrachte Unterhaltsleistungen von Mai 1975 bis Juli 1992 geltend gemacht, nachdem er die Vaterschaft erfolgreich angefochten hatte und der Antragsgegner 2016 als Vater gerichtlich festgestellt worden war.
Wendet man auf die dargestellten Sachverhalte die geplante Neuregelung von § 1613 Abs. 3 BGB-E an, so stünde dem Scheinvater in den Verfahren aus den Jahren 2013 bis 2018 kein Zahlungsanspruch zu, weil die Zweijahresfrist erst viele Jahre nach der letzten Unterhaltszahlung begonnen hätte. Werden jedoch in dem sich danach ergebenden Zeitraum von regelmäßig nicht mehr als vier Jahren durch Zeitablauf oder aufgrund des Alters des betroffenen Kindes keine Unterhaltsleistungen mehr erbracht, läuft der ...