BGH, Beschl. v. 27.8.2019 – VI ZB 32/18

1. In einem dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren wird das der Rechtsverfolgung entgegenstehende Hindernis der Mittellosigkeit erst mit der Beiordnung eines Rechtsanwalts beseitigt.

2. Zur Auslegung eines mit "Berufung" überschriebenen Schreibens der Naturalpartei als Prozesskostenhilfeantrag.

3. Zur Verpflichtung des Berufungsgerichts, die erstinstanzlich unterlegene Partei darauf hinzuweisen, dass der von ihr gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Einlegung der Berufung unvollständig ist und sie innerhalb der Berufungsfrist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck einreichen müsse.

BGH, Beschl. v. 11.9.2019 – XII ZB 120/19

Begehrt der Rechtsmittelführer Verfahrenskostenhilfe, muss er in der Beschwerdeinstanz mit der Ablehnung des Verfahrenskostenhilfegesuchs wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen, wenn sich nach der erstinstanzlichen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wesentliche Änderungen ergeben haben (Fortführung von BGH, Beschl. v. 14.5.2013 – II ZB 22/11, juris).

BGH, Beschl. v. 28.8.2019 – XII ZB 119/19

1. Für die bereits bei Insolvenzeröffnung angefallenen Gerichtskosten ist die Staatskasse ebenso Insolvenzgläubigerin wie für auf sie gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 RVG übergegangene, vor Insolvenzeröffnung entstandene Rechtsanwaltsgebühren (Fortführung von BGH, Beschl. v. 13.10.2016 – IX ZR 250/16, NZI 2017, 62, und v. 28.6.2012 – IX ZR 211/11, NJW-RR 2012, 1465).

2. Solche Insolvenzforderungen können nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens und damit nicht im Wege einer verfahrenskostenhilferechtlichen Zahlungsanordnung geltend gemacht werden, sodass insoweit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der nachträglichen Anordnung von Zahlungen im Änderungsverfahren nach § 120a ZPO entgegensteht.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.9.2019 – 13 WF 187/19

1. Die Einschränkung der Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten auf die Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts beschwert nicht den Beteiligten, sondern den beigeordneten Verfahrensbevollmächtigen.

2. Die Heraufsetzung der Ratenhöhe im Beschwerdeverfahren gegen die Ratenfestsetzung verstößt gegen das Verschlechterungsverbot. Zudem verbietet die Wahrung des Rechtszuges eine Änderungsentscheidung nach § 120a ZPO zu Lasten eines Beteiligten erstmals innerhalb eines Beschwerdeverfahrens nach § 127 Abs. 2 S. 1 ZPO.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.8.2019 – 13 WF 184/19

1. In das einzusetzende Einkommen sind die während des Beschwerdeverfahrens entstandenen oder geltend gemachten nachgewiesenen Positionen einzuarbeiten, denn im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse regelmäßig zum Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung zu beurteilen, im Falle einer sofortigen Beschwerde mithin zum Zeitpunkt der Abhilfeentscheidung oder – bei Nichtabhilfe – der Beschwerdeentscheidung (vgl. Senat, Beschl. v. 12.4.2019 – 13 WF 84/19, juris Rn 7, 8 m.w.N.).

2. Der Senat qualifiziert einen Kindergartenbeitrag mit dem BGH als Mehrbedarf des Kindes (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl.; § 2 Rn 438; BGHZ 213, 254-270, Rn 37, jew. m.w.N.) und berücksichtigt ihn verfahrenskostenhilferechtlich als eine im Tabellenunterhalt nicht erfasste Position in Ansehung der in Brandenburg angestrebten und in Berlin bereits verwirklichten Kostenfreiheit für Kindergartenbetreuung als außergewöhnliche Belastung jedenfalls eines berufstätigen Elternteils (vgl. i.E. ähnlich OLG Celle FamRZ 2018, 1592).

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