Der Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er in Art. 103 Abs. 1 GG und, parallel dazu, in den meisten Landesverfassungen seinen Niederschlag gefunden hat, gehört zu den wichtigsten prozessualen Grundrechten. Es verwundert deshalb auch nicht, dass die Berufung auf dieses Prozessgrundrecht gewissermaßen zum Standard von Verfassungsbeschwerden auch zu den Landesverfassungsgerichten gehört, was ja dann auch aufgrund des Plenarbeschlusses des BVerfG zur Einführung der Anhörungsrüge nicht nur in allen Prozessordnungen der ordentlichen und der Fachgerichtsbarkeit geführt hat. Die Voraussetzungen, eine Gehörsverletzung erfolgreich (auch) zur Grundlage einer Landesverfassungsbeschwerde zu machen, wurden bereits vorstehend skizziert und mit einschlägiger Rechtsprechung belegt.
In einem Verfahren, in dem es um die von der Beschwerdeführerin begehrte Aufhebung einer von ihr geschlossenen Scheinehe ging, hat der StGH BW im Blick auf das Grundrecht auf rechtliches Gehör außerdem klargestellt, dass dieses Grundrecht dem an einem Verfahren Beteiligten zwar ein Recht darauf gewähre, dass er Gelegenheit erhalte, im Verfahren zu Wort zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt und zu der Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspreche die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Allerdings ergebe sich daraus im Regelfall kein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung oder die persönliche Anhörung. Außerdem nehme im Anwaltsprozess der Prozessbevollmächtigte grundsätzlich die prozessualen Rechte und Möglichkeiten für den gehörsberechtigten Beteiligten wahr. im Übrigen gebiete das Grundrecht auf rechtliches Gehör in Verbindung mit den Grundsätzen der ZPO zwar die Berücksichtigung erheblicher, hinreichend substantiierter und prozessrechtlich zulässiger Beweisanträge, biete jedoch keinen verfassungsrechtlichen Schutz dagegen, dass ein Gericht Beweisanträge eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lasse. Außerdem folge aus dem Grundsatz auf rechtliches Gehör keine allgemeine Aufklärungspflicht, wie sie beispielsweise in § 139 und 278 Abs. 3 ZPO niedergelegt sei. Das alles entspricht der einschlägigen, vom StGH BW auch zitierten Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 103 Abs. 1 GG.
Positiv verbeschieden hat der VerfGH Berlin die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör demgegenüber in einem Fall, in dem das Kammergericht die Aufklärung des Sachverhalts in einem umgangsrechtlichen Verfahren des nichtsorgeberechtigten Vaters mit seiner minderjährigen Tochter im Wesentlichen einem Sachverständigen überlassen und seine Entscheidung entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers ohne erneute mündliche Anhörung der Beteiligten und Befragung des Sachverständigen getroffen hatte. Nicht als Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hat es der VerfGH Berlin jedoch eingestuft, wenn in einer Kindschaftssache (hier: Entscheidungsbefugnis des Vaters über Schulanmeldung und Bestimmung des Hauptwohnsitzes des Kindes) kein Sachverständigengutachten nach § 30 Abs. 3 FamFG eingeholt worden ist; denn die von der Kindsmutter dagegen erhobenen Einwände hätten im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung im Rahmen der gerichtlichen Tatsachenfeststellung und Abwägung des Kindeswohls gehabt. Der BayVerfGH hatte mehrfach Veranlassung, die fachgerichtliche Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Parteivorbringens unter den Gesichtspunkt einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu rügen, und zwar zum einen bezüglich des Vortrags der Beschwerdeführerin zur Verschlechterung ihrer Vermögensverhältnisse im Rahmen eines Klageverfahrens wegen Abänderung des Unterhaltes und zum anderen bezüglich des Vortrags einer geschiedenen Ehefrau zum Restvermögen ihres Ex-Ehemanns bei der Frage des Vorliegens einer Vermögensverfügung im Ganzen gemäß § 1365 BGB. Und der VerfGH Berlin hat vergleichsweise aktuell eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör deshalb festgestellt, weil einem Minderjährigen bei seinem Antrag auf Entlassung des Amtsvormunds vom Amtsgericht in einem eA-Verfahren das Recht auf Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts für die Akteneinsicht abgesprochen worden war: Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst auch das Recht auf Akteneinsicht durch einen Prozessbevollmächtigten, so der VerfGH.