Zweckentfremdung in München: Gericht stärkt Vermieter

Eine Stadt darf Investoren nicht zur Auflage machen, dass sie nach dem Abriss von Mietshäusern zum Ausgleich neue Wohnungen in gleicher Lage bauen müssen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat eine Popularklage von München gegen das Zweckentfremdungsgesetz abgewiesen.

Wer ein Mietshaus abreißt (rechtlich ein Fall von Zweckentfremdung), soll in vergleichbarer Lage neue, bezahlbare Mietwohnungen bauen und zudem die Höhe der Miete begrenzen – mit dieser Regelung wollte die Stadt München einer Verschärfung des Wohnungsmangels durch die schleichende Umwandlung in Eigentumswohnungen begegnen. Doch das wird vorerst nichts.

Erst kippte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) Anfang 2021 die Satzung wegen Verstoßes gegen das Zweckentfremdungsgesetz. Nun wurde eine gegen das Gesetz erhobene Popularklage der Stadt München vom Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) als unzulässig abgewiesen.

(BayVerfGH, Entscheidung v. 24.8.2023; Az. Vf. 38-VII-21)

Gericht: Grundrechtsverletzung nicht ausreichend gerügt

Die Stadt hatte die Satzung mit den strittigen Punkten im Jahr 2017 erlassen, zum 1.1.2020 wurde mit der Regelung zum Abriss verschärft – bis dahin konnte für abgerissene innerstädtische Wohnungen Ersatz auch am Stadtrand geschaffen werden. Der Lobbyverband Haus und Grund sah die Verfügungsbefugnis der Eigentümer eingeschränkt und klagte. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte zwei Bestimmungen in einem Normenkontrollverfahren für unwirksam, weil sie seiner Ansicht nach gegen das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) verstießen.

Die Stadt München erhob daraufhin Popularklage gegen das Gesetz. Sie berief sich unter anderem auf das in der Bayerischen Verfassung festgelegte Recht der kommunalen Selbstverwaltung, die Sozialbindung des Eigentums und den Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Der Bayverfgh sah das anders. Es seien keine ausreichenden Anhaltspunkte zu erkennen, dass Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt sein könnten, heißt es in der Entscheidung, die am 11. September veröffentlicht wurde.

Der Verfassungsgerichtshof wies die Popularklage von München als unzulässig zurück, weil die Stadt nicht ausreichend die Verletzung eines Grundrechts oder eines grundrechtsgleichen Rechtes gerügt habe.

Ersatzwohnung bei Zweckentfremdung

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) reagierte enttäuscht: "Ersatzwohnraum ist in einer Großstadt wie München nur dann ein echter Ersatz, wenn er auch zu den gleichen Preisen und im gleichen Stadtviertel wie vorher vermietet wird." Diese Entscheidung gehe leider zu Lasten der Mieter.

Sozialreferentin Dorothee Schiwy sieht deshalb nun die Staatsregierung in der Pflicht. "Das Zweckentfremdungsgesetz muss so geändert werden, dass Ersatzwohnraum auch ein echter Ersatz ist", forderte die SPD-Politikerin. Erst dann sei es der Landeshauptstadt möglich, eine Änderung der kommunalen Zweckentfremdungssatzung zu veranlassen, die einen noch wirksameren Schutz des Wohnraums für die Münchner möglich mache.

Das Bayerische Bauministerium dagegen begrüßte die Entscheidung. Nach der Regelung des Zweckentfremdungsgesetzes könne eine Genehmigung etwa für den Abriss von Wohngebäuden erteilt werden, wenn der Eigentümer angemessenen Ersatzwohnraum bereitstelle. Konkrete gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Lage des Ersatzwohnraums und der Höhe der Mieten würden dem Ansinnen des Zweckentfremdungsrechts aber widersprechen. "Das Zweckentfremdungsrecht dient allein der Bekämpfung von örtlich vorhandenem Wohnraummangel und ist kein Instrument zur Einflussnahme auf den Wohnungsmarkt, insbesondere auf die Miet- und Immobilienpreisentwicklung", sagte ein Sprecher.


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungsmarkt, Zweckentfremdung