Es sind häufig nicht alltägliche Fälle, die das Bundesverfassungsgericht dazu veranlassen, eine höchstrichterliche Rechtsprechung im Familienrecht mit einem Federstrich zur Makulatur werden zu lassen. Familienrechtler erinnern sich noch an den "Paukenschlag aus Karlsruhe", der die Ehevertragsfreiheit der damaligen familiengerichtlichen Rechtsprechung beendet hat. Zugrunde lag ein vom Rechtsanwalt der künftigen Ehefrau(!), die sich später auf die Sittenwidrigkeit des Vereinbarten berief, entworfener Ehevertrag, den die Frau ihrem Partner zur damals (formfreien) Unterschrift vorlegte. Auch das verfassungsgerichtliche Ende der rechtspolitischen Diskussion über die Rechtfertigung des Pflichtteilsrechts betraf u.a. das privatschriftliche Testament einer Mutter, die ihren Sohn, der sie wiederholt tätlich angegriffen und schließlich aus Wut über seine bevorstehende Einweisung in das Landeskrankenhaus, erschlagen, ihre Leiche zerstückelt und die Leichenteile im Wald versteckt hatte, enterbt hatte. Sein Betreuer machte den Pflichtteil geltend. Auch der vorliegende Fall ist nur zur Hälfte "normal": Ein Mann heiratete eine schwangere Frau, mit der er Geschlechtsverkehr hatte. Er zweifelte zu diesem Zeitpunkt nicht an seiner Vaterschaft; die Frage, ob die Frau in der Empfängniszeit auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr hatte, stellte er jedenfalls nicht. Möglicherweise wäre sie auch im Zusammenhang mit einem Heiratsantrag eher unpassend gewesen. Später soll die Frau bei einem Streit entsprechende Andeutungen gemacht haben. Allerdings wollte der Mann noch im Scheidungsverfahren das Sorgerecht für "sein Kind", was dieses zumindest rechtlich zu diesem Zeitpunkt auch noch war. Es bleibt offen, aus welchem Grund er später die Vaterschaft (erfolgreich) angefochten hat.
Im Erbrechtsfall hat das Bundesverfassungsgericht das Pflichtteilsrecht von Kindern des Erblassers als "grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung … an dessen Nachlass" definiert, die durch die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. der Familiensolidarität des Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet werde. Gerade bei einer Zerrüttung der Beziehung zwischen dem Erblasser und seinen Kindern soll das Pflichtteilsrecht die Möglichkeit der Ungleichbehandlung seiner Kinder durch den Erblasser relativieren und die Kinder davor schützen, dass sich die Familienbeziehungen überhaupt nicht oder unzulänglich in der Verteilung des Nachlasses widerspiegeln. Damit ist das Pflichtteilsrecht der Kinder gleichsam aus dem BGB entnommen und in das GG eingefügt worden.
Die beiden familienrechtlichen Fälle nahm das Bundesverfassungsgericht zum Anlass, als gleichsam "allerhöchstes" Familiengericht die bisherigen Entscheidungen des höchsten Fachgerichts für verfassungswidrig zu erklären. In beiden Fällen hätten die Männer auf ihr verfassungsmäßiges Recht, "die Ehe … zu unterlassen", pochen und beim Standesamt Nein sagen können. Hätte im ersten Fall der Mann von seinem verfassungsmäßigen Recht, nicht zu heiraten, Gebrauch gemacht, hätte sich für die Frau, wie das Bundesverfassungsgericht psychologisch tiefgründig ausgeführt hat, die Gewissheit verfestigt, die alleinige Verantwortung und Sorge für das Kind tragen zu müssen. Allerdings wäre sie nicht vor die Alternative "alleinerziehende Mutter" mit ökonomischen Nachteilen oder "Einbindung des Mannes" mit stark belastendem Ehevertrag gestellt worden. Deshalb hätte sie sich auch nicht später gegenüber dem Mann hinsichtlich des von ihr vorgelegten Ehevertrages auf die für sie als Schwangere typischerweise weit unterlegene Position berufen können. Damit wäre auch das verfassungsrechtliche Verdikt hinsichtlich einer Ehe, in der Mann und Frau nicht in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen, vermieden worden.
Im zweiten Fall hat das Bundesverfassungsgericht leider keine psychologischen Ausführungen zur Situation des "schwangeren Mannes" gemacht. Es ist nicht klar, ob wegen der allein der Frau aufgrund der Fristenlösung möglichen Abtreibung für ihn eine psychologische Zwangslage bestand, die dazu geführt hat, dass er die Frage nach anderen Sexualpartnern in der Empfängniszeit unterlassen hat. Hätte er nämlich auf sein verfassungsmäßiges Recht auf Kenntnis der Abstammung des Kindes gepocht und dadurch Zweifel an seiner Vaterschaft angemeldet, hätte die Frau von ihrer verfassungsmäßigen negativen Eheschließungsfreiheit Gebrauch machen können. Gleichzeitig hätte er riskiert, dass er nach damaliger Rechtslage sogar für ein von ihm gezeugtes Kind ohne Ehe das Sorgerecht selbst bei einem Gang nach Karlsruhe nicht erhalten hätte. Ob er eine zulässige Abtreibung seines Kindes hätte verhindern können, ist höchst fraglich. Schließlich musste das Verfassungsgericht auch nicht darüber entscheiden, was gewesen wäre, wenn die Frau wahrheitswidrig weitere Sexualpartner während der Empfängniszeit in Abrede gestellt hätte und er auf diese Aussage ohne einen Vat...