Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Mit welchen Aspekten, konkreten Fragen und Problemstellungen hat sich die Bund-Länder Arbeitsgruppe zu Kinderehen bisher befasst und wie beabsichtigt die Bundesregierung die Ergebnisse der Bund-Länder Arbeitsgruppe zu Kinderehen im Rahmen des Gesetzesentwurfes zu den Kinderehen einfließen zu lassen?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Christian Lange (SPD) vom 2.12.2016:
Die vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Umgang des deutschen Rechts mit Minderjährigenehen hat sich mit den verschiedenen Aspekten der Thematik befasst. Dazu gehören Fragen des deutschen (internationalen) Eherechts wie die ausnahmslose Heraufsetzung des Ehemündigkeitsalters auf 18 Jahre, Unwirksamkeit als Rechtsfolge einer Minderjährigenehe, Änderungen bei den Aufhebungsregelungen, Verfahrensfragen, die kollisionsrechtliche Behandlung von im Ausland geschlossenen Minderjährigenehen und Regelungen, die den Schutz verheirateter Minderjähriger – auch nach Aufhebung der Ehe – bezwecken.
Die Arbeitsgruppe hat ihre Beratungen noch nicht abgeschlossen. Die bisherigen Erörterungen der Arbeitsgruppe werden im Gesetzgebungsverfahren ihren Niederschlag finden.
Quelle: BT-Drucksache 18/10551
Indessen setzen sich die politischen Debattenbeiträge zum Thema fort:
"Junge Mädchen gehören in die Schule, nicht in das Ehebett", meint der Bundestagsabgeordnete und Würzburger Rechtsanwalt Paul Lehrieder (CSU), Vorsitzender des Familienausschusses des Bundestages, am 5.12.2016. Im Interview mit dem Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages trat er dafür ein, die Gültigkeit sogenannter Imam-Ehen nach deutschem Recht nicht anzuerkennen. Vorrang müsse der Schutz der jungen Mädchen genießen.
Das Thema Kinderehen und Frauen griff auch die Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel in der Bundestagsdebatte am 16.12.2016 zur Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland auf. Frau Pantel erklärte: "Wir dürfen den Schutz des Rechtsstaates nicht vergessen. Nehmen wir zum Beispiel manche Stadtteile und Gegenden in Frankreich und Belgien oder auch hier in Berlin oder bei mir zu Hause in NRW. Dort haben sich mittlerweile Parallelgesellschaften gebildet, die ihr eigenes Recht durchsetzen: Friedensrichter, die nach Schariarecht urteilen, Kinderehen und Frauen, die sich nicht scheiden lassen dürfen, Genitalverstümmelungen oder sogenannte Ehrenmorde, bei denen der Täter davonkommt, weil zwischen den Familien eine Geldzahlung vereinbart wurde, um den Tod der Frau auszugleichen. Diese Gruppen wollen die Probleme unter sich regeln und nichts mit dem westlichen, weltlichen Staat zu tun haben. Als Menschenrechtspolitiker müssen wir uns dagegenstellen, dass sich einzelne Gruppen – egal ob aus kulturellen oder religiösen Gründen – über unseren Rechtsstaat hinwegsetzen."
Quelle: BT, Plenarprotokoll 18/210 v. 16.12.2016, S. 21076 f.
Der Rechtsausschuss und der Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation des Landtags Nordrhein-Westfalen wollen zudem Fragen stellen und klärende Antworten dazu herausfinden in einer öffentlichen Anhörung am 18.1.2017 auf der Grundlage des Antrags der FDP-Landtagsfraktion "Kinder und Jugendliche schützen – Kinderehen wirksam verhindern".
Quelle: Landtag NRW, Drucksache 16/12848 v. 6.9.2016
FF 2/2017, S. 46