I. Einleitung
Familienpsychologische Sachverständigengutachten haben in der familiengerichtlichen Praxis in den letzten Jahren eine immer stärkere Bedeutung bekommen. Die Ursachen liegen zum einen darin, dass die Kindschaftsverfahren einen immer größeren Teil der familiengerichtlichen Praxis ausmachen und deshalb die damit verbundenen tatsächlichen und rechtlichen Probleme stärker in den Fokus rücken. Zum anderen haben sich die Auseinandersetzungen der Ehegatten nach Wahrnehmung des Verfassers von vermögensrechtlichen stärker auf kindschaftsrechtliche Fragen verlagert. Dies wiederum dürfte jedenfalls zum Teil seine Ursache darin haben, dass sorge- und umgangsrechtliche Fragestellungen für die Beteiligten persönlich und auch in der gesellschaftlichen Anschauung eine deutlich höhere Wertigkeit als früher haben. Weiterhin versuchen auch gerade die Kindesväter nach der Trennung, sich stärker in der Kindererziehung zu engagieren.
Durch diese Entwicklungen ist die Qualität familienpsychologischer Sachverständigengutachten zunehmend in den Focus gerückt. So hat eine Untersuchung ergeben, dass ein nicht unbeachtlicher Teil der familienpsychologischen Sachverständigengutachten erhebliche Mängel aufweist. Unabhängig von der Frage, ob man die dort festgestellten Befunde für korrekt hält, ist eine Diskussion über die Bedeutung und Qualität von familienpsychologischen Sachverständigengutachten zu begrüßen. In diesem Zusammenhang muss die Verantwortung des Sachverständigen von der Verantwortung des Familiengerichts (der Sachverständige als "heimlicher Richter") abgegrenzt werden. Daneben muss auch die Verantwortung der Familiengerichte für die Qualität von familienpsychologischen Sachverständigengutachten mehr in den Fokus rücken.
II. Erforderlichkeit der Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens
In welchen Fällen die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens zur Amtsaufklärung i.S.d. § 26 FamFG erforderlich ist, lässt sich abstrakt nur schwer beantworten.
Die Entscheidung, ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten einzuholen, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Familiengerichts. Einen Grundsatz dahingehend, dass in bestimmten Verfahren stets ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten einzuholen ist, gibt es nicht. Maßstab für diese Entscheidung ist die Frage, ob das Familiengericht über eine ausreichend zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung verfügt. Die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens ist insbesondere dann geboten, wenn eine entscheidungsrelevante Frage nur aufgrund eines bestimmten Fachwissens zu beantworten ist und dem Gericht hierzu die erforderliche Sachkenntnis fehlt. Aufgrund der erheblichen (auch verfassungsrechtlichen) Anforderungen an die Begründung kindschaftsrechtlicher Entscheidungen dürfte die Einholung eines Sachverständigengutachtens umso eher in Betracht kommen, je stärker eine mögliche Entscheidung in die Rechte von Verfahrensbeteiligten eingreift (§ 1666 BGB, Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB) und je unklarer der Sachverhalt ist.
Soweit das Familiengericht verfahrensfehlerhaft die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens verneint, kommt unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 S. 3 FamFG eine Aufhebung der familiengerichtlichen Entscheidung und die Zurückverweisung an das Familiengericht durch das Beschwerdegericht in Betracht.
III. Die Auswahl des Sachverständigen und die Abfassung des Beweisbeschlusses
1. Die Auswahl des Sachverständigen
Die Auswahl des Sachverständigen hat in der Praxis eine erhebliche Bedeutung. Häufig haben Verfahrensbeteiligte mehr oder minder sachlich begründete Präferenzen für bestimmte Sachverständige oder halten einzelne Sachverständige aus bestimmten (m.E. meist sachlich nicht fundierten) Gründen für ungeeignet bzw. voreingenommen.
Nach § 30 Abs. 1 FamFG, § 404 Abs. 1 S. 1 ZPO liegt die Auswahl des Sachverständigen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Nach § 30 Abs. 1 FamFG, § 404 Abs. 2 ZPO können die Verfahrensbeteiligten vorher zur Person des Sachverst...