Diese Form der Nachtrennungssorge, die die gemeinsame (freilich alternierende) Betreuung als physisches Element mit der vollen rechtlichen gemeinsamen Sorge verbindet, findet wegen § 1687 Abs. 1 jedoch keine Abbildung im Gesetz: Ein umfassendes gemeinsames Sorgerecht, wie es noch vor der Trennung unter §§ 1626, 1626a, 1627, 1629 Abs. 1 S. 2 bestanden hatte, besteht nicht mehr, vielmehr reduziert sich die Gemeinsamkeit kraft Gesetzes auf wichtige Angelegenheiten bei im Übrigen bestehender Alleinsorge des Betreuungselternteils. Um wieder zu jener vollen Sorgegemeinsamkeit zu gelangen, müsste also die durch § 1687 Abs. 1 begründete "Spaltung" des gemeinsamen Sorgerechts rückgängig gemacht werden.
Dabei ist zunächst fraglich, wie diese Aufspaltung rechtstechnisch hervorgerufen wird. Vergleichbar einer gerichtlichen Entscheidung nach § 1628, in deren Umfang es zu einer Durchbrechung der gemeinsamen Sorge und einer Konzentration des zur Entscheidung der strittigen Angelegenheit erforderlichen Teils auf einen Elternteil kommt, könnte sich auch § 1687 Abs. 1 auswirken, indem er ex lege die zur Entscheidung der Alltagsangelegenheiten i.S.d. Sätze 2 und 3 erforderlichen Teile der Sorge dem betreuenden Elternteil – der Substanz nach – allein zuweist. In § 1687 Abs. 1 kann jedoch auch eine Regelung erkannt werden, die beiden Eltern die Sorge substanziell in vollem Umfang belässt und nur ein abgestuftes System von Alleinentscheidungs- und Vertretungsermächtigungen vorsieht, also allein die Ausübung der gemeinsamen Sorge betrifft. Doch auch in diesem Falle erfordert der Normzweck – der Gesetzgeber gedachte einer "verstärkten Beanspruchung des (in vielen Fällen ohnehin stark belasteten) betreuenden Elternteils" dadurch vorzubeugen, dass es einen "Zwang zur ständigen Kommunikation" gerade nicht gibt –, dass der betreuende Elternteil die Entscheidungsbefugnisse in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein ausübt. Zwar würden auch dem nicht betreuenden Elternteil diese Entscheidungsbefugnisse der Substanz nach weiterhin zustehen; die alleinige Ausübungsbefugnis des anderen impliziert aber, dass der nicht betreuende Elternteil rechtlich an der Ausübung jener Befugnisse gehindert ist.
Mag sich der Unterschied der dargestellten Wirkungsweisen somit zwar als marginal darstellen, so wird in Verbindung mit dem Normzweck doch deutlich: Die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung – eine "wirklich gemeinsame Zuständigkeit der getrennt lebenden Eltern soll es [ … ] nur bei Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung geben" – kann nicht einfach zur vollständigen Disposition der Eltern stehen. Diese vermögen durch eine Vereinbarung nicht Einfluss auf gesetzlich zugewiesene Sorgerechtspositionen zu nehmen, und auch ein gesetzliches Ausübungshindernis kann nicht elternautonom ausgehebelt werden. Gestützt wird dies durch den Wortlaut des § 1687, der – mit Ausnahme der Festlegung (mindestens) eines gewöhnlichen Aufenthalts – keinerlei Hinweis auf eine autonome Gestaltungsmöglichkeit durch gemeinsamen Elternwillen enthält, vielmehr dem Familiengericht in Absatz 2 eine Abänderungsbefugnis zuweist.
Das Regelungsmodell des § 1687 Abs. 1 als solches steht somit nicht zur Disposition der Eltern. Diese haben zwar die Möglichkeit, sich gegenseitig zu ermächtigen oder zu bevollmächtigen; dadurch wird das Maß an Gemeinsamkeit aber gerade nicht erhöht, vielmehr kann der Begünstigte die Entscheidung in der Folge allein treffen. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs von § 1687 Abs. 1 S. 1 ist dagegen nicht möglich.