§ 1687 Abs. 1 stellt ein Regelungssystem auf, das innerhalb einer Stufenfolge zugewiesener Alleinentscheidungskompetenzen die Entscheidung von Angelegenheiten des täglichen Lebens demjenigen Elternteil überlässt, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (Abs. 1 S. 2), während dem anderen Elternteil während des Kindesaufenthalts bei ihm die Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung zufällt (Abs. 1 S. 4).
In Bezug auf das Wechselmodell ist damit zum einen unklar, ob sich dieses unter den Tatbestand des § 1687 Abs. 1 subsumieren lässt (dazu unter a)), ob es also überhaupt einen "gewöhnlichen Aufenthalt" i.S.d. S. 2 oder gar zwei gibt bzw. ob eine flexible Handhabung des S. 4 in Betracht zu ziehen ist. Problematisch ist zum anderen die Rechtsfolge der Vorschrift, die stets eine Aufteilung der Entscheidungsbefugnisse zwischen den Eltern vorsieht und damit möglicherweise gewisse Formen des Wechselmodells – auf der rechtlichen Ebene – ausschließt (dazu unter b)).
a) Probleme in der Anwendung des Tatbestands von § 1687 Abs. 1
Dem Regelungssystem des § 1687 Abs. 1 S. 2–4 ist die Entscheidung der Eltern über den Kindesaufenthalt vorgelagert. Mit dieser Entscheidung geht die Festlegung des jeweiligen Betreuungsumfangs der Elternteile und damit letztlich die – als offen erscheinende – Wahl eines Sorgemodells einher. Gleichwohl wirft die Anwendung von § 1687 Abs. 1 S. 2 und 4 auf das Wechselmodell Probleme auf.
Insbesondere ist unklar, ob das Kind beim Wechselmodell überhaupt einen "gewöhnlichen Aufenthalt" i.S.d. § 1687 Abs. 1 S. 2 hat. Stellt man zur Bestimmung der Gewöhnlichkeit stärker auf die Regelmäßigkeit denn die Beständigkeit des Aufenthalts ab, so lässt sich beim Wechselmodell das Vorhandensein eines gewöhnlichen Aufenthalts bei jedem Elternteil und folglich ein doppelter gewöhnlicher Aufenthalt damit begründen, dass auch bei einem regelmäßigen Wechsel des Kindesaufenthalts dieser bei jedem Elternteil irgendwann zu einem "gewöhnlichen" wird. Einige wenden § 1687 Abs. 1 S. 2 daher auch auf Eltern im Wechselmodell an und plädieren für einen Wechsel der Alltagssorge mit dem Kindesaufenthalt.
Andere halten allein § 1687 Abs. 1 S. 4 für auf das Wechselmodell anwendbar. Der gerade Betreuende hätte somit bloß in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung ein Alleinentscheidungsrecht. Da dieses als zu geringfügig zur Bewältigung längerer Kindesaufenthalte empfunden wird, sollen die Zuständigkeiten nach Abs. 1 S. 4 variabel sein und sich entsprechend den Erfordernissen der Aufenthaltsdauer erweitern. Teilweise wird diese flexible Handhabung des Abs. 1 S. 4 auch am Wortlaut festgemacht: Das Merkmal der "tatsächlichen Betreuung" spiegele den "tatsächlichen" Umfang der zwischen den Eltern vereinbarten Betreuung wider und weise entsprechend Alleinentscheidungsbefugnisse zu.
Beide Ansichten führen letztlich zu demselben Ergebnis: Der jeweils betreuende Elternteil entscheidet die in seinem Zeitraum anfallenden Angelegenheiten, während solche von besonderer Bedeutung oder zeitraumübergreifende von beiden zusammen nach Abs. 1 S. 1 zu entscheiden sind. Gegen die Annahme eines zweifachen gewöhnlichen Aufenthalts spricht zwar die Gefahr einer Konturlosigkeit des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts, gegen eine flexible Auslegung von § 1687 Abs. 1 S. 4 die Regelungseinheit von Abs. 1 S. 2 und S. 4: Letzterer sieht gegenüber S. 2 abgestufte und vom Gesetzgeber bewusst geminderte Kompetenzen des umgangsberechtigten Elternteils vor. Beide Vorschläge dienen aber letztlich dem berechtigten Anliegen, § 1687 für alle im Vorfeld der Kindschaftsrechtsreform von 1998 entwickelten Sorgemodelle nutzbar zu machen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich das Wechselmodell durch Auslegung mit dem Tatbestand des § 1687 Abs. 1 vereinbaren lässt, so dass den Eltern auch in diesem Sorgemodell Alleinentscheidungsbefugnisse zugewiesen werden. Damit ist auch bereits der nächste Punkt – die Rechtsfolge des § 1687 Abs. 1 – angesprochen.