In jüngerer Zeit häufen sich Veröffentlichungen zum Wechselmodell mit unterschiedlichen Ansichten zu der Frage, ob ein Wechselmodell im Interesse gemeinsamer Kinder regelmäßig geboten ist oder ob es den Kinderinteressen regelmäßig widerspricht. Die naheliegende Überlegung, in europäische Nachbarländer zu blicken, um von deren Praxis und Erfahrungen zu profitieren, findet sich selten. Man würde dabei feststellen, dass in vielen europäischen Ländern das Wechselmodell sogar die gesetzliche Regel darstellt oder jedenfalls gesetzlich bevorzugt wird (nach meiner Kenntnis in Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen, Schweden, Slowakei, Spanien und Tschechien). Das gilt auch für einige Bundesstaaten der USA, ferner für Kanada und Australien. Eine rechtsvergleichende Untersuchung mit gleichzeitiger Rechtstatsachenforschung wäre für die sachliche Erörterung sicher hilfreich.
Manchmal entsteht der Eindruck, es gehe bei den Diskussionen im Zusammenhang mit dem Wechselmodell um Glaubensfragen. Jedenfalls geht es primär nicht um Rechtsfragen, sondern um Fragen der Kinderpsychologie und/oder der Pädagogik. Hier soll deswegen kein weiterer Beitrag zur Sinnhaftigkeit oder Schädlichkeit des Wechselmodells geliefert, sondern allein die Frage erörtert werden, welche unterhaltsrechtlichen Folgen es hat oder haben kann, wenn tatsächlich ein Wechselmodell praktiziert wird. Auch zu diesem Thema gibt es eine Vielzahl von teilweise wissenschaftlichen, teilweise mathematischen und nur zu einem geringeren Teil praktischen Veröffentlichungen. Ziel der vorliegenden Abhandlung ist es, eine in der Praxis auf der Basis des bestehenden Rechts möglichst leicht handhabbare Lösung darzustellen.
Teilweise wird die Ansicht vertreten, die hier zu erörternden Fragen könnten sich nicht stellen. Wenn die Eltern nicht über Kindesunterhalt einig seien, könne man nämlich schon deshalb nicht von einem Wechselmodell ausgehen. Die grundsätzliche Feststellung, dass das Wechselmodell Verständigungswillen und Kompromissbereitschaft beider Elternteile voraussetzt, ist zweifelsohne richtig. Die Ansicht, dass es ein Wechselmodell ohne Einigung auch über Unterhaltsfragen nicht geben könne, trifft allerdings nicht zu. Schließlich geht es um eine Tatsachenfrage, in welchem Umfang nämlich die beiden Elternteile ihr Kind betreuen. Wer die Anordnung eines Wechselmodells durch das Familiengericht auch gegen den Willen eines Elternteils überhaupt für möglich hält, muss davon allerdings jedenfalls dann Abstand nehmen, wenn sich die Eltern über eine so wesentliche, das Kind betreffende Frage nicht einigen können.
Die Überlegung, zum Wechselmodell gehöre zwingend eine Einigung auch über Fragen des Kindesunterhalts, hat aber durchaus einen zutreffenden Kern. Auch auf ihr baut der folgende Lösungsvorschlag auf.