Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung (s.o. III. 1.) kann im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung (s.o. III. 3.) eingeschränkt werden. Die kollidierenden Verfassungsrechte (s.o. IV.) sind mit dem Recht auf Kenntnis der Abstammung in Ausgleich zu bringen. In dem aufgezeigten Spannungsverhältnis kollidierender Grundrechtspositionen besteht jedoch ein weiter gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum.
Mehrere markante verfassungsrechtliche Entscheidungen betreffen die familienrechtlichen Grundlagen zur Klärung der Abstammung, wobei das BVerfG dem Gesetzgeber bisher keine Verpflichtung aufgab, dem Kind einen isolierten Abstammungsklärungsanspruch gegenüber dem mutmaßlichen leiblichen Vater einzuräumen.
Im Jahr 1989 wurden die §§ 1593, 1598 BGB i.V.m. § 1596 Abs. 1 BGB als verfassungswidrig angesehen, soweit sie einem volljährigen Kind, von den gesetzlichen Anfechtungstatbeständen abgesehen, die gerichtliche Klärung der Abstammung ausnahmslos verwehrten. Dem half der Gesetzgeber mit der Anfechtungsmöglichkeit in § 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB ab. Fünf Jahre später befand das BVerfG die für die Ehelichkeitsanfechtung durch das Kind geltenden kenntnisunabhängigen Anfechtungsfristen für zu streng, weil die von der vorausgehenden Ehelichkeitsanfechtung abhängige Möglichkeit der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung und damit die Möglichkeit der Abstammungsklärung unverhältnismäßig eingeschränkt würde. Der Gesetzgeber gestaltete darauf die Anfechtungsfrist kenntnisabhängig aus (vgl. § 1600b Abs. 1 S. 2 BGB). Er erweiterte auf diese Weise die Möglichkeiten der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB.
1997 stellte das BVerfG zu der Frage, ob das Kind einen Anspruch gegen seine Mutter auf Benennung des dem Kind bislang nicht bekannten Mannes hat, von dem es leiblich abstammt, fest, dass ein solches Interesse des Kindes durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt sei. Dennoch bestehe – im Hinblick auf kollidierende Verfassungsrechte – ein gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum, ob ein entsprechender Anspruch geregelt werde. Umgekehrt konstatierte das BVerfG zehn Jahre später, dass die Bereitstellung eines isolierten Abstammungsklärungsverfahrens für den rechtlichen Vater erforderlich sei, damit dieser eine leibliche Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes überprüfen könne. Insoweit bestehe kein gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum, da die gegenläufigen kollidierenden Interessen zurückzutreten hätten. Die Abstammungsklärung sei bei einer bestehenden rechtlichen Vaterschaft notwendig, weil das geltende Recht die leibliche Vaterschaft in weiten Teilen vermutet (§ 1592 Nr. 1 und 2 BGB). Außerdem ergebe sich die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, dem rechtlichen Vater ein Verfahren zur isolierten Aufklärung seiner leiblichen Vaterschaft bereitzustellen, daraus, dass andernfalls die Gefahr heimlicher Vaterschaftstests bestehe und dadurch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werde. Es liege aber im Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers, zu entscheiden, ob dem Kind ebenfalls ein isolierter Abstammungsklärungsanspruch gegenüber dem mutmaßlichen leiblichen Vater zustehen solle.
In seinem Beschluss vom 13.10.2008 stellte das BVerfG klar, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, die rechtliche Anerkennung der Elternschaft nicht von der Prüfung der Abstammung im Einzelfall abhängig zu machen. Der Schutz familiärer Beziehungen aus Art. 6 Abs. 1 GG und der Schutz der Intimsphäre aus Art. 2 Abs. 1 GG erforderten, dass es ausreiche, aus bestimmten tatsächlichen Umständen und sozialen Situationen auf die Abstammung eines Kindes zu schließen und dementsprechend die rechtliche Zuweisung des Kindes vorzunehmen. Entscheidend sei, dass diese Vorgehensweise in aller Regel zu einem Zusammentreffen von leiblicher und rechtlicher Elternschaft führe. In der Entscheidung vom 13.10.2008 bestätigte das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit des § 1598a BGB, der nur dem rechtlichen, nicht aber auch dem leiblichen Vater ein Recht auf Abstammungsklärung gegenüber dem Kind gibt. Ferner betonte das BVerfG erneut, dass aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kein über das Recht auf mögliche Klärung der Abstammung hinausgehendes Recht auf gerichtliche Feststellung der biologischen Vaterschaft neben der bestehenden rechtlichen Vaterschaft folge. Die geltenden Regelungen der Vaterschaftsanfechtung (§§ 1600 ff. BGB) und Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB seien abschließend.
Jüngst hat nun das BVerfG erneut Grenzen für das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung aufgezeigt und den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum betont. Die Entscheidung des Gesetzgebers, neben der Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB keine isolierte Abstammungsklärung gegenüber dem angeblich leiblichen Vater zu ermöglichen, wahre die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Ausgestaltung. Der gesetzgeberische Wille dürfe nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des §...