Laut BGH (7.10.2010 – IX ZR 191/09, FamRZ 2010, 2067) muss der Anwalt in dem Fall, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu Lasten des Mandanten grob unbillig wäre, den Mandanten auf die Möglichkeit hinweisen, dass der Versorgungsausgleich im Rahmen der Scheidung rechtsgeschäftlich ausgeschlossen werden kann. Der Haftung des Anwalts steht nicht entgegen, dass das Gericht ggf. eine grobe Unbilligkeit des Versorgungsausgleichs von Amts wegen festzustellen und zu berücksichtigen hat. Der Anwalt hat in jeder Phase des Mandats dafür Sorge zu tragen, dass alle für den eigenen Mandanten günstigen Umstände Berücksichtigung finden – was letztlich bedeutet, dass der Anwalt immer von vornherein der Gefahr vorbeugen muss, dass das Gericht seine Pflichten vernachlässigen könnte. Dieser haftungsrechtlichen Sichtweise zugunsten der Gerichte und zulasten der Anwälte begegnet man in der Rechtsprechung nicht selten.
Ist der rechtsgeschäftliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs unterblieben, weil der Anwalt den Mandanten nicht entsprechend belehrt hatte, kommt ein Schadensersatzanspruch allerdings nur in Betracht, wenn der Geschädigte darlegen und beweisen kann, dass der andere Ehegatte eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung mitgetragen hätte. Im Regressprozess muss hierzu ggf. der andere Ehegatte als Zeuge gehört werden.
In einem solchen Fall und wenn aus anderen Gründen der Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch Verschulden des Anwalts scheitert, soll laut BGH die Leistung von Schadensersatz dadurch erfolgen, dass der Anwalt an den Rentenversicherungsträger den Betrag zahlt, der erforderlich ist, um entsprechende Anwartschaften für den Geschädigten neu zu begründen.
Umgekehrt kann es vorkommen, dass aufgrund einer unzutreffenden Beratung durch den Anwalt der Versorgungsausgleich zulasten des Mandanten ausgeschlossen wird. Nach Ansicht des BGH ist im Wege des Schadensersatzes der Geschädigte dann fiktiv so zu stellen, als sei eine entsprechende Anwartschaft beim Rentenversicherungsträger begründet worden. Tatsächlich ist nämlich ein nachträglicher Aufbau der Anwartschaft beim Rentenversicherungsträger in dieser Konstellation in der Regel sozialversicherungsrechtlich nicht möglich. Als Ausweg kann hier die Begründung entsprechender Rentenansprüche durch Abschluss eines privaten Lebensversicherungsvertrages auf Kosten des Anwalts in Betracht kommen, falls die Beteiligten den Haftungsvorgang nicht über Jahrzehnte offenhalten und bei Eintritt ins Rentenalter dann monatliche "Rentenzahlungen" vornehmen wollen.