Gemäß § 39 FamFG muss jeder Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. Rechtsmittelbelehrungen kennt man im Zivilrecht ansonsten nur aus dem Arbeitsrecht. Dort hat es handfeste Konsequenzen, wenn die Rechtsmittelbelehrung ganz oder teilweise fehlt: Nach § 9 Abs. 5 S. 3, 4 ArbGG wird die reguläre Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt, es gilt aber die absolute Frist von einem Jahr.
Das FamFG enthält leider keine vergleichbare eindeutige Regelung. Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird beim Fristversäumnis im Rahmen der Wiedereinsetzung vermutet, dass die Frist unverschuldet versäumt wurde, wenn die Rechtsmittelbelehrung fehlt oder falsch ist. Aus dieser Regelung ergibt sich zumindest zweifelsfrei, dass trotz Fehlens einer Rechtsmittelbelehrung offensichtlich die Rechtsmittelfrist allein mit der Bekanntgabe des Beschlusses gemäß § 16 Abs. 1 FamFG in Lauf gesetzt wird, ansonsten gäbe es naturgemäß kein Fristversäumnis. Die Funktion und Wirkung der Rechtsbehelfsbelehrung ist hiernach offensichtlich eine ganz andere als im arbeitsrechtlichen Verfahren.
Entgegen dem vermeintlichen Gesetzeswortlaut bekommt der Anwalt, der wegen fehlender oder fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung die Rechtsmittelfrist versäumt, keine Wiedereinsetzung. Beim Anwalt liegt insoweit kein unvermeidbarer oder zumindest entschuldbarer Rechtsirrtum vor. Vom Anwalt wird ungeachtet jeglicher Rechtsmittelbelehrung die eigenständige Kenntnis des geltenden Rechtsmittelsystems erwartet. Damit kann sich nur eine nicht anwaltlich vertretene Partei auf die fehlende oder fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung berufen!
Zum gleichen Ergebnis kommt das OLG Koblenz. Gemäß § 113 FamFG gilt § 17 FamFG in Familienstreitsachen, bei denen bekanntlich nach § 114 FamFG Anwaltszwang herrscht, ausdrücklich nicht. Aber auch wenn keine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist, ein Anwalt jedoch auftritt, soll § 17 FamFG nicht anwendbar sein, da der Anwalt der Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung nicht bedarf.
Das OLG Brandenburg schließt sich dem OLG Hamm und dem OLG Koblenz an und stellt darüber hinaus klar, dass nicht nur ein Fachanwalt für Familienrecht die spezielle Rechtsmittelsystematik im Familienrecht kennen muss, sondern auch "die übrige Anwaltschaft".
Der BGH geht mit dieser OLG-Rechtsprechung völlig konform: Hinsichtlich einer anwaltlich vertretenen Partei kann eine falsche oder fehlende Rechtsbehelfsbelehrung keine kausale Auswirkung haben, da anstelle der Rechtsbehelfsbelehrung der Anwalt die Kenntnis über das richtige Rechtsmittel haben muss.
Nach Ansicht des BGH entlastet es den Anwalt auch nicht, wenn er explizit bei der Geschäftsstelle nachfragt, wo das Rechtsmittel einzulegen sei und er dort eine falsche Auskunft bekommt. Der Anwalt muss es eben besser wissen als das Gericht.