Um das Thema "Die Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangs bei psychischer Erkrankung der Eltern oder eines Elternteils im Rahmen des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern" in den Griff zu bekommen, bietet es sich an, Fallgruppen zu bilden:
1. Regelungsmöglichkeiten bei mitsorgeberechtigten zusammenlebenden Eltern im Fall des Ruhens der elterlichen Sorge
Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und erkrankt ein Elternteil psychisch so gravierend, dass er aufgrund seiner Erkrankung dauerhaft geschäftsunfähig wird (§ 104 Nr. 2 BGB), dann muss nicht in das Sorgerecht eingegriffen werden, wenn der gesunde Elternteil in der Lage ist, sich um das Kind hinreichend zu kümmern. Denn in diesem Fall ruht die elterliche Sorge des erkrankten Elternteils aus rechtlichen Gründen gemäß § 1673 Abs. 1 BGB. Die Rechtsfolge des Ruhens der elterlichen Sorge ergibt sich aus § 1675 BGB. Während des Ruhens der elterlichen Sorge ist der verhinderte Elternteil nicht berechtigt, die elterliche Sorge auszuüben. Das Ruhen der elterlichen Sorge führt mithin nicht dazu, dass die elterliche Sorge verloren geht; der erkrankte Elternteil ist lediglich nicht berechtigt, die elterliche Sorge auszuüben, d.h., der erkrankte Elternteil ist und bleibt weiterhin noch zur Sorge berechtigt; dem Bestand nach existiert die gemeinsame elterliche Sorge weiter. Dies unterscheidet ihn von einem Elternteil, dem die elterliche Sorge nach den §§ 1666, 1666a BGB entzogen wurde.
Da das Ruhen der elterlichen Sorge des erkrankten Elternteils bei einem rechtlichen Hindernis von Gesetzes wegen eintritt, bedarf es keiner gerichtlichen Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge. Allerdings kann der andere mitsorgeberechtigte Elternteil aus Gründen der Rechtssicherheit eine gerichtliche Entscheidung begehren, dass das Ruhen der elterlichen Sorge des erkrankten Elternteils deklaratorisch festgestellt wird. Durch den Feststellungsbeschluss kann der nicht verhinderte Elternteil nachweisen, dass er kraft Gesetzes für den Zeitraum der Verhinderung des psychisch erkrankten Elternteils die elterliche Sorge allein ausübt. Fällt das Rechtshindernis weg, d.h., der vorher erkrankte Elternteil gesundet wieder, erlangt der zuvor erkrankte Elternteil die elterliche Sorge kraft Gesetzes wieder zurück.
Tritt das Ruhen der elterlichen Sorge bei einem dauerhaft erkrankten Elternteil ein, so übt der andere Teil die elterliche Sorge allein aus. Der andere Elternteil ist dann allein sorgeberechtigt, § 1678 Abs. 1 Hs. 1 BGB und allein vertretungsberechtigt, § 1629 Abs. 1 S. 3 BGB.
Bei teilweiser Geschäftsunfähigkeit ruht die elterliche Sorge nur, wenn gerade die Fähigkeit zur Ausübung der elterlichen Sorge von der Geschäftsunfähigkeit umfasst ist.
Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die elterliche Sorge des erkrankten Elternteils aufgrund eines gerichtlichen Feststellungsbeschlusses gemäß § 1674 Abs. 1 BGB zum Ruhen gebracht wird. Nach dieser Bestimmung ruht die elterliche Sorge eines Elternteils, wenn das Familiengericht feststellt, dass der verhinderte Elternteil auf längere Zeit die elterliche Sorge tatsächlich nicht ausüben kann. Liegen diese Voraussetzungen vor, übt der andere Elternteil die elterliche Sorge allein aus, § 1678 Abs. 1 Hs. 1 BGB und ist auch allein vertretungsberechtigt, § 1629 Abs. 1 S. 3 BGB. Die elterliche Sorge des erkrankten Elternteils lebt wieder auf, wenn das Familiengericht feststellt, dass der Grund des Ruhens nicht mehr besteht, § 1674 Abs. 2 BGB.
Zwischen den Vorschriften der §§ 1673, 1674 BGB können sich Überschneidungen und Abgrenzungsprobleme ergeben. Zwar ist beiden Vorschriften das Moment der Dauer immanent – § 1674 Abs. 1 BGB spricht von "längerer Zeit" und § 1673 Abs. 1 BGB nimmt Bezug auf § 104 Nr. 2 BGB, der voraussetzt, dass der Zustand seiner Natur nach "nicht ein vorübergehender sein darf". Gleichwohl aber ist die Vorschrift des § 1674 Abs. 1 BGB anzuwenden, wenn "zwar feststeht, dass ein Elternteil wegen einer Krankheit auf längere Zeit zur Ausübung der elterlichen Sorge nicht in der Lage sein wird, aber nicht oder nur unter Schwierigkeiten geklärt werden kann, ob die Störung nun Geschäftsunfähigkeit zur Folge hat oder nicht."
In diesen beiden Fällen gibt es keine Kindeswohlprüfung, keine Kindesanhörung nach § 159 FamFG und auch keine richterliche Sorgerechtsentscheidung. Mit Rücksicht hierauf ist der Rechtspfleger nach § 3 Nr. 2a RPflG für die Entscheidung sachlich zuständig. Er trifft die Entscheidung darüber, dass der andere Elternteil die elterliche Sorge allein ausübt, § 1678 Abs. 1 Hs. 1 BGB.