Die erste Frage lautet: Muss der Ehegatte, der aus der gemeinsam gemieteten Wohnung ausgezogen ist, sich an der nach Trennung anfallenden Miete beteiligen? Diese Frage ist in der früheren Rechtsprechung regelmäßig verneint worden, und zwar mit dem Argument, der in der Wohnung verbliebene Ehegatte habe allein den wirtschaftlichen Nutzen. Mit der Zeit hat sich dann aber die Erkenntnis durchgesetzt, dass dies zu kurz gedacht ist. Denn die frühere Ehewohnung ist für den in ihr verbleibenden Ehegatten möglicherweise zu groß und zu teurer. Man kann daher nicht einfach sagen: Er profitiert, also muss er die Miete allein tragen. Richtig ist es vielmehr zu differenzieren, und zwar danach zu differenzieren, ob der in der Wohnung verbliebene Ehegatte diese Wohnsituation gewählt hat oder ob sie ihm aufgedrängt worden ist.
Hat er die Wohnsituation gewählt, muss er für die Miete allein aufkommen. Wann aber hat er die Wohnsituation gewählt? Er hat sie zum einen dann gewählt, wenn er sich bei Trennung ausdrücklich für einen Verbleib entscheidet. Gewählt hat er sie, so die jüngere Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zu Recht, aber auch dann, wenn er sich nach einer ihm einzuräumenden Überlegungsfrist entscheidet, die Wohnung zu behalten. Die Dauer der Überlegungsfrist haben die Gerichte, die sich bisher mit der Problematik befasst haben, für den Regelfall mit drei Monaten bemessen.
Das andere ist der Fall, dass die Wohnsituation dem Verbliebenen aufgedrängt ist. Wann ist die Wohnsituation aufgedrängt? Sie ist dem Verbliebenen dann aufgedrängt, wenn dieser sich innerhalb der genannten, ihm einzuräumenden Überlegungsfrist entscheidet, die Wohnung aufzugeben und die dazu erforderlichen Maßnahmen einleitet (Kündigung, Aufforderung an den anderen zur Mitwirkung an der Kündigung). Denn damit bringt er zum Ausdruck, dass die Wohnung für ihn zu groß und zu teuer ist. Von einer aufgedrängten Wohnsituation wird man möglicherweise aber auch dann sprechen können, wenn der verbliebene Ehegatte über die Überlegungsfrist hinaus deshalb wohnen bleibt, weil der Mietvertrag befristet ist und er zur Vermeidung von Schwierigkeiten mit dem Vermieter nachvollziehbarerweise noch die restliche Zeit abwohnen will.
Ist die Wohnsituation aufgedrängt, hat das zur Folge, dass der ausgezogene Ehegatte sich an der Miete beteiligen muss. Die Frage ist allerdings: in welchem Umfang? Hier haben die Gerichte in der Vergangenheit regelmäßig gesagt: Er muss sich hälftig beteiligen. Das jedoch scheint mir nicht richtig zu sein. Sachgerecht ist es vielmehr, wenn man den in der Wohnung verbliebenen Ehegatten den Teil der Miete, den er im Fall seines Auszugs auch für eine seinem Bedarf entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste, allein tragen lässt und nur den darüber hinausgehenden Betrag den Eheleuten je hälftig aufbürdet. So jetzt auch das OLG Düsseldorf bei folgender Fallgestaltung:
Nach einem Streit zieht Ehemann M aus. Ehefrau F bleibt in der für 750 EUR gemieteten Wohnung ab September 2013 allein zurück. Die Eheleute kündigen die Wohnung zum Jahresende 2013. Nun zieht auch F aus. Für ihre neue Wohnung hat sie 400 EUR zu zahlen. Sie verlangt von M Beteiligung an der Miete für die Ehewohnung für die Zeit von September bis Dezember 2013.
Die – überzeugende – Lösung des OLG Düsseldorf sieht so aus: F hat ihre Wohnsituation nach dem Auszug des M nicht gewählt, sondern sie ist ihr aufgedrängt worden. Das ergibt sich daraus, dass sie nach dem Auszug des M, innerhalb der ihr einzuräumenden Überlegungsfrist, die Beendigung des Mietverhältnisses veranlasst hat. M muss sich deshalb für den Zeitraum September bis Dezember 2013 an der Miete beteiligen. Da F für den Anteil der Miete, der bei alleinigem Wohnen in einer kleineren Wohnung anfallen würde, selbst aufkommen muss und man diesbezüglich an ihre nach ihrem Auszug anfallende Miete von 400 EUR anknüpfen kann, hat M die Hälfte der Differenz zwischen 750 EUR und 400 EUR, also die Hälfte von 350 EUR, somit 175 EUR monatlich zu übernehmen.